Brustkrebs: Tamoxifen, Anastrozol und Co.
Studien zeigen, dass bestimmte Medikamente das Brustkrebsrisiko senken können – insbesondere bei Frauen mit einem erhöhten Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Dazu gehören Tamoxifen, Raloxifen und sogenannte Aromatasehemmer wie Anastrozol und Exemestan. In Deutschland sind diese Arzneimittel zur Prävention von Brustkrebs aber bisher nicht zugelassen.
Warum sind die Arzneimittel in Deutschland nicht zugelassen? Für eine Zulassung in Europa beziehungsweise in Deutschland fehlen noch weitere Studien. Zudem können die möglichen Risiken laut Fachleuten größer sein als der Nutzen.
Was sind mögliche Risiken? Die Medikamente zur Brustkrebsvorbeugung können teilweise schwere Nebenwirkungen haben:
- Beispielsweise können Frauen Beschwerden wie in den Wechseljahren haben.
- Durch Tamoxifen und Raloxifen haben Frauen zudem ein höheres Risiko für Blutgerinnsel und Gebärmutterkörperkrebs.
- Medikamente wie Anastrozol können Gelenk- und Muskelschmerzen verursachen. Außerdem erhöhen sie das Risiko für Knochenschwund (Osteoporose): Durch die Medikamente werden die Knochen poröser und können leichter brechen.
Stand der Forschung:
- Die Medikamente senken zwar das Risiko für Brustkrebs. Bislang ist aber nicht belegt, dass dadurch die Lebenserwartung von Frauen steigt.
- Laut Studien können die Medikamente nur einer bestimmten Form von Brustkrebs vorbeugen: Fachleute bezeichnen diese Form als hormonsensiblen, Östrogenrezeptor-positiven Brustkrebs.
- Forschende untersuchen noch, ob die Medikamente in geringerer Dosis gleich wirksam in der Krebsvorbeugung sind, aber dadurch die Nebenwirkungen verringert werden können.
Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO): Wer ein überdurchschnittlich hohes Risiko für Brustkrebs hat, könnte laut der AGO einen Vorteil durch Medikamente zur Chemoprävention haben. Neben dem persönlichen Brustkrebsrisiko hängt der Nutzen solcher Medikamente von weiteren Faktoren ab: etwa wie alt eine Frau ist und vom persönlichen Risiko, Nebenwirkungen wie beispielsweise Blutgerinnsel zu entwickeln. Die Fachleute der AGO empfehlen diesen Frauen, sorgfältig alle Vorteile und Risiken mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin abzuwägen, bevor sie solche Medikamente einnehmen.
Darmkrebs: Acetylsalicylsäure (ASS), Celecoxib und Sulindac
In Deutschland sind die Wirkstoffe Acetylsalicylsäure (ASS), Celecoxib und Sulindac nicht zur Prävention von Darmkrebs zugelassen.
Warum sind die Arzneimittel in Deutschland nicht zugelassen? Für eine Zulassung der Arzneimittel sind weitere Studien mit Langzeitdaten nötig. Zudem sind laut Fachleuten noch einige Fragen offen.
Stand der Forschung zu Acetylsalicylsäure (auch bekannt als Aspirin® oder kurz ASS) – Die Ergebnisse der hochwertigen CAPP2-Langzeitstudie stützen die Vermutung, dass Aspirin® das Darmkrebsrisiko für Menschen mit dem sogenannten Lynch-Syndrom senken kann – die häufigste Ursache für erblich bedingten Darmkrebs. Unklar ist allerdings bislang, ob auch Personen ohne erhöhtes Darmkrebsrisiko einen Nutzen von Aspirin® zur Darmkrebsprävention haben. Nebenwirkungen traten in Studien zwar selten auf, können aber unter Umständen auch schwerwiegend sein wie etwa schwere Blutungen im Magen-Darm-Trakt.
- Noch Gegenstand der Forschung ist, ob ASS wirklich zur Prävention von Darmkrebs geeignet ist – bei gesunden Personen wie auch bei Menschen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko. Denn: Um Krebs vorzubeugen, müsste man ASS langjährig in vergleichsweise hohen Dosen einnehmen. Dementsprechend hoch ist das Risiko, Nebenwirkungen zu bekommen.
Stand der Forschung zu Celecoxib – Bei Menschen mit einer familiären adenomatösen Polyposis (FAP) bilden sich zunächst gutartige Darmkrebsvorstufen, sogenannte Polypen. Dadurch haben sie ein sehr großes Risiko, Darmkrebs zu bekommen: denn unbehandelt entarten Polypen bei diesen Betroffenen meist zu Krebs. Celecoxib verringert laut Studien die Anzahl an Darmpolypen bei Menschen mit FAP. Unklar ist allerdings, ob durch Celecoxib auch tatsächlich das Risiko sinkt, an Darmkrebs zu erkranken. Gleichzeitig kann Celecoxib Nebenwirkungen am Herz-Kreislauf-System verursachen.
Stand der Forschung zu Sulindac – In Studien konnte Sulindac die Anzahl und Größe von Polypen bei Menschen mit FAP nachweislich verringern, nicht jedoch die Neubildung solcher Krebsvorstufen verhindern. Auch hier ist unklar, ob das Medikament das Risiko senkt, an Darmkrebs selbst zu erkranken. Das gilt auch für eine Kombination mit dem Medikament Eflornithin (Flynpovi™). Daher hatte die Europäische Arzneimittelbehörde im Jahr 2021 die Zulassung einer solchen Kombinationstherapie abgelehnt.
Empfehlung von Fachleuten
Nehmen Sie Aspirin® oder andere Medikamente zur Chemoprävention nicht auf eigene Faust ein. Halten Sie bitte vorher immer Rücksprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.
Empfehlung der Fachgesellschaften: Bestimmte Personen können in Absprache mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt Medikamente einnehmen, um Darmkrebs vorzubeugen – nachdem sie vorab gemeinsam sehr gründlich die Risiken und den Nutzen gegeneinander abwogen haben. Dazu gehören manche Menschen mit erblichem Darmkrebs, wie zum Beispiel mit einer familiären adenomatösen Polyposis (FAP) oder mit Lynch-Syndrom.
Prostatakrebs: Statine, Finasterid und Dutasterid
In Deutschland sind Statine (Cholesterin-Senker), Finasterid und Dutasterid nicht zur Vorbeugung von Prostatakrebs zugelassen. Auch Fachgesellschaften empfehlen nicht Medikamente einzunehmen, um Prostatakrebs vorzubeugen.
Warum sind die Arzneimittel in Deutschland nicht zugelassen? Das liegt zum einen an den möglichen, teils schweren Nebenwirkungen. Zum anderen auch daran, dass sich durch die Medikamente überwiegend das Risiko für Prostatakrebs im frühen Stadium verringern lässt. Dieser ist in der Regel gut behandelbar. Deshalb bewerten Fachleute den Nutzen von Medikamenten zur Chemoprävention gegenüber den möglichen Risiken nicht als ausreichend.
Stand der Forschung zu Finasterid und Dutasterid – Diese beiden Wirkstoffe senken zwar nachweislich das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken. Sie haben aber auch Nebenwirkungen, die Männer belasten können: dazu gehören Erektionsstörungen (erektile Dysfunktion). Männer können auch ihr sexuelles Verlangen (Libido) verlieren oder ihre Brust kann sich vergrößern (Gynäkomastie).
Stand der Forschung zu Statinen – Es gibt erste Hinweise, dass Statine das Risiko für Prostatakrebs senken könnten. Um diese Annahme zu bestätigen, sind allerdings weitere hochwertige Studien nötig. Statine können sehr selten auch schwere Nebenwirkungen verursachen.
Noch Teil der Forschung: Metformin und Warfarin
Forschende finden immer wieder neue Hinweise für Medikamente, die sich zukünftig zur Vorbeugung von Krebs eignen könnten. Dazu gehören etwa:
- Metformin – Das ist ein Medikament, das nicht-insulinpflichtige Diabetikerinnen und Diabetiker mit Typ-2-Diabetes einnehmen. Es gibt Hinweise aus Studien, dass speziell diese Personen seltener an Krebs erkranken und die Metformin-Einnahme auch die Prognose von Krebserkrankten mit Typ-2-Diabetes verbessern kann.
- Warfarin – Es gibt Studien, die auf ein vermindertes Risiko für Lungenkrebs, Prostatakrebs und Brustkrebs hinweisen. Andere Studien können diesen Nutzen hingegen nicht bestätigen.
Wichtig zu wissen: Die Forschung zu diesen Medikamenten steht noch am Anfang. Das heißt, es fehlen noch Langzeitdaten und weitere hochwertige Studien. Daher lässt sich noch nicht abschließend bewerten, ob sie wirklich dabei helfen, bestimmten Krebsarten vorzubeugen.
Chemoprävention: Nutzen und Risiko immer abwägen
Bei der Chemoprävention nehmen gesunde Personen Medikamente ein, die auch Nebenwirkungen haben können. Daher müssen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte vorher immer gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten den Nutzen und die möglichen Risiken sorgfältig gegeneinander abwägen.
Zum Weiterlesen
Was Sie allgemein zur Krebsvorbeugung tun können, erfahren Sie unter Krebsvorbeugung: Das eigene Krebsrisiko senken.
Was genau das Lynch-Syndrom oder die "familiäre adenomatöse Polyposis" sind, erklären wir im Abschnitt "Vererbung: Welches Risiko bergen die Gene?" unter Darmkrebs: Risikofaktoren und Vorbeugung.
Welche Faktoren das persönliche Risiko für Brustkrebs erhöhen, lesen sie im Abschnitt "Erbliches Risiko für Brustkrebs" unter Brustkrebs: Risiken und Vorbeugung.