Krebzelle und DNA

Wie entsteht Krebs?

Wenn aus gesunden Zellen Tumorzellen werden

Aktualisiert am:

  • Bei der Krebsentstehung verändern sich normale Zellen im Körper und werden zu Tumorzellen. Sie vermehren sich unkontrolliert und wachsen in gesundes Gewebe ein.
  • Grund dafür sind Schäden am Erbgut der Zellen oder Fehler beim Ablesen der Erbinformation.
  • Wie solche Schäden entstehen und welche Eigenschaften Tumorzellen so gefährlich machen, erläutert dieser Text.

Krebs kann entstehen, wenn Zellen sich unkontrolliert vermehren. Grund sind meist Schäden am Erbgut dieser Zellen oder Fehler beim Ablesen der Erbinformation. Solche Schäden entstehen aus verschiedenen Gründen:

  • Viele Erbgut-Fehler entstehen zufällig bei der Zellteilung oder beim normalen Zellstoffwechsel.
  • Das Risiko an Krebs zu erkranken wird aber auch vom persönlichen Lebensstil beeinflusst.
  • Hinzu kommen Umweltfaktoren und Krankheitserreger, die Krebs begünstigen.
  • Auch erbliche Veranlagungen spielen eine Rolle.

Bei einzelnen Patientinnen und Patienten lässt sich im Nachhinein jedoch meist nicht feststellen, was genau die Ursache für ihre Krebserkrankung war.

Andererseits gilt auch: Nicht jeder, der den bekannten Risikofaktoren ausgesetzt ist, erkrankt automatisch an Krebs.

Folgen der veränderten Erbinformation

Fehler im Erbgut von Zellen ändern die Zellbiologie:

  • Zellen wachsen und teilen sich, wenn sie es eigentlich nicht sollten.
  • Sie sterben nicht, wenn sie normalerweise absterben sollten.
  • Sie können ihren angestammten Platz im Gewebe verlassen.

So entsteht ein Tumor, der unkontrolliert wächst, das umliegende Gewebe zerstört und sich in andere Körperregionen ausbreitet.

Risikofaktoren für Krebs nach Wichtigkeit
Es gibt verschiedene krebsfördernde Faktoren. Sie tragen unterschiedlich viel zur Krebsentstehung bei.
Bild: © Krebsinformationsdienst, DKFZ; erstellt mit BioRender.com

Verschiedene Faktoren können dazu beitragen, dass Krebs entsteht, manche davon sind vermeidbar, andere nicht. Dabei können vermeidbare und nicht-vermeidbare Einflüsse zusammenspielen.

Fachleute schätzen: In Deutschland könnten rund 40 Prozent aller Krebserkrankungen vermieden werden, wenn man die bekannten Auslöser meidet: etwa einen ungesunden Lebensstil, Umweltfaktoren oder Krankheitserreger, gegen die man sich impfen kann.

Vor anderen Auslösern, wie zufälligen genetischen Fehlern bei der Zellteilung, kann man sich nach bisherigem Kenntnisstand nicht aktiv schützen.

Krebsentstehung durch äußere Einflüsse

Lebensstilfaktoren: Raucher haben beispielsweise ein höheres Risiko, an Krebs zu erkranken. Auch Übergewicht und Bewegungsmangel gelten als Krebsrisikofaktoren. Die Ernährung kann das Krebsrisiko beeinflussen. Hinzu kommt: Wer sich häufig ungeschützt der Sonne aussetzt, hat ebenfalls ein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken.

Umweltfaktoren: Auf manche Umweltfaktoren hat man als Einzelner nur bedingt Einfluss.  Es gibt einige bekannte krebsauslösende Stoffe – sogenannte Kanzerogene – die im täglichen Leben eine mehr oder weniger wichtige Rolle spielen. Dazu gehören beispielsweise Asbest oder manche Chemikalien und Umweltgifte, aber auch die natürliche Strahlung, der man ausgesetzt ist.
Eine Größenordnung anzugeben, wie viele Menschen weltweit umweltbedingt an Krebs erkranken, ist schwierig. Schätzungen von Fachleuten bewegen sich zwischen 4 von 100 bis 20 von 100. Diese Zahlen schwanken allerdings stark, je nachdem, wo man wohnt: Beispielsweise ist die Umweltbelastung in Entwicklungsländern viel höher als in Deutschland.

Krankheitserreger: Verschiedene Krankheitserreger können ebenfalls zur Krebsentstehung beitragen. Vor allem Viren sind bisher als Krebsauslöser bekannt, aber auch manche Bakterien und Parasiten. 
Fachleute schätzen: Etwa jede 6. Krebserkrankung weltweit ist durch Infektionen bedingt. In Deutschland ist der Anteil allerdings geringer: Wissenschaftler schätzen, dass hierzulande etwa 4 von 100 Krebserkrankungen auf Infektionen zurückzuführen sind.

Krebsentstehung ohne äußere Einflüsse

Zum Weiterlesen

Familiäres Krebsrisiko: Neben äußeren Risikofaktoren spielt die genetische Grundausstattung jedes einzelnen Menschen eine Rolle: Manche Menschen haben ein erhöhtes Krebsrisiko, weil sich in allen Zellen ihres Körpers Veränderungen am Erbgut finden, die die Krebsentstehung fördern.

Fachleute schätzen, dass etwa 5 bis 10 von 100 Krebserkrankungen aufgrund einer erblichen Veranlagung entstehen. Was vererbt wird, ist allerdings nicht die Krebserkrankung selbst, sondern das hohe Risiko: Nicht jeder Mensch mit einer bestimmten Erbanlage erkrankt zwangsläufig an Krebs. Äußere Einflüsse können bei einer erblichen Veranlagung das Krebsrisiko zusätzlich verändern.

Vorgänge in der Zelle: Eine weitere Quelle für Fehler ist der Zellstoffwechsel selbst: Zum Beispiel entstehen bei normalen Vorgängen in einer Zelle sogenannte freie Radikale, die das Erbgut schädigen können. Außerdem kann es bei Zellteilungen zu Fehlern kommen. Solche Fehler finden sich dann nicht im ganzen Körper, sondern nur in der betroffenen Zelle.

Folgen für die Krebsentstehung

  • Viele der Fehler und Schäden am Erbmaterial bleiben ohne Konsequenzen, weil sie repariert werden oder die Zellen absterben. Schafft es eine Zelle jedoch, sich trotz Schaden weiter zu teilen, kann Krebs entstehen.
  • Je länger ein Mensch lebt, desto wahrscheinlicher ist das Auftreten von bleibenden Fehlern und Schäden. Deshalb steigt mit zunehmendem Lebensalter das Risiko, an Krebs zu erkranken.

Lexikon

Apoptose: natürlicher Vorgang im Zellstoffwechsel, auch als "programmierter Zelltod" bezeichnet: Alte, überflüssig gewordene oder geschädigte Zellen sterben und werden in einem kontrollierten Prozess abgebaut.
Angiogenese: Neubildung von Blutgefäßen

Krebszellen entstehen aus gesunden Zellen. Es gibt einige wesentliche Unterschiede zwischen normalen, gesunden Zellen und Krebszellen.

  • Krebszellen sind unabhängig von Wachstumssignalen: Um sich teilen zu können, benötigen gesunde Zellen von außen einwirkende Signale durch Wachstumsfaktoren. Krebszellen benötigen diese Signale nicht mehr. Sie können sich auch ohne solche Wachstumsfaktoren teilen.
  • Krebszellen sind unempfindlich gegenüber Signalen, die Wachstum und Vermehrung hemmen: Gesunde Zellen reagieren auf wachstumshemmende Signale. Dadurch wird das Gleichgewicht zwischen neugebildeten und abgestorbenen Zellen im Gewebe erhalten. Diese Eigenschaft ist bei Krebszellen nicht mehr vorhanden.
  • Krebszellen wachsen unbegrenzt: Gesunde Zellen besitzen einen unabhängigen "Zähler", der die Anzahl der Zellteilungen begrenzt: Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Enden der Chromosomen, die sogenannten Telomere. Sind sie zu kurz, teilen sich die Zellen nicht mehr. Bei Krebszellen funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr.
  • Kein "programmierter Zelltod" (Apoptose): Normale Zellen sind fähig, "Selbstmord" zu begehen, wenn sie Schäden aufweisen. Dieser Vorgang wird über komplizierte Regelwege gesteuert und kontrolliert. Die meisten Krebszellen reagieren jedoch nicht mehr auf Signale, die den programmierten Zelltod einleiten sollen.
  • Neue Blutgefäße (Angiogenese) zur Versorgung des Tumors: Wachsende solide Tumoren benötigen wie andere Gewebe eine Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen über Blutgefäße. Normalerweise ist die Menge und Verteilung der Blutgefäße bei Erwachsenen weitgehend konstant. Tumorzellen können die Bildung neuer Blutgefäße anregen. Dafür bilden sie zum Beispiel Botenstoffe wie den "vaskulären Endothelwachstumsfaktor", abgekürzt VEGF (englisch vascular endothelial growth factor).
  • Invasion und Metastasenbildung: In der Regel haben Zellen einen festen Standort im Körper: Sie bleiben in ihrem Gewebeverband und gehen nicht auf Wanderschaft. Zu den wenigen Ausnahmen gehören zum Beispiel Blutzellen. Tumorzellen können dagegen zerstörend in umliegendes Gewebe einwachsen (Invasion). Manche Krebszellen lösen sich sogar aus ihrem Gewebe, bewegen sich im Körper fort und bilden in anderen Gewebe Tochtergeschwulste: Sie metastasieren.

Viele Krebszellen zeigen weitere Unterschiede zu normalen Zellen: Sie stellen ihren Stoffwechsel um und gewinnen zum Beispiel Energie auf eine andere Weise als gesunde Zellen. Solche Stoffwechselumstellungen betreffen aber nicht alle Tumorzellen und sind bei manchen Tumorarten seltener zu beobachten als bei anderen. Auch ist bisher nicht klar: Warum finden diese Veränderungen statt? Welche Auswirkungen haben sie? Sind sie wirklich notwendig, um eine Zelle zur Krebszelle zu machen? Zu diesem Thema ist weitere Forschung notwendig.

Mehrere Veränderungen sind notwendig

Grafik mit den verschiedenen Schritten der Krebsentstehung
Krebszellen entstehen in mehreren Schritten aus gesunden Körperzellen.
Bild: © Krebsinformationsdienst, DKFZ; erstellt mit BioRender.com

Nach den heutigen Modellen entstehen die Unterschiede von Tumorzellen im Vergleich zu normalen Zellen nicht alle gleichzeitig, sondern schrittweise.

Der erste Schritt: Eine zufällige oder durch äußere Einwirkungen ausgelöste Veränderung des Erbmaterials bietet einer Zelle einen Vorteil: Zum Beispiel wächst sie schneller als ihre Nachbarn.

Der zweite Schritt: Durch ein weiteres Ereignis erlangt eine von dieser Zelle abstammende Tochterzelle erneut einen Vorteil. Zum Beispiel reagiert sie nicht mehr auf Signale für den programmierten Zelltod.

Weitere Schritte: Manche Zellen sammeln auf diese Weise im Verlauf der Zeit alle Veränderungen an, die dafür nötig sind, einen Tumor zu bilden.

  • Krebs entsteht deshalb auch nicht von heute auf morgen: Bis aus gesunden Zellen Tumorzellen werden, vergehen oft viele Jahre bis Jahrzehnte. Darum treten viele Krebserkrankungen bei älteren Menschen häufiger auf.

Krebs entsteht, wenn Zellen sich zu stark vermehren und gesunde Zellen verdrängen. Doch warum tun sie das? Zwar teilen und vermehren sich auch gesunde Zellen. So erneuern sich Gewebe, Organe und das Blut regelmäßig. Alte Zellen sterben und werden nach einem festgelegten Ablauf abgebaut. Diese Vorgänge werden aber im Körper streng überwacht und reguliert.

  • Die Regeln dafür stehen im Erbgut der Zellen.

Krebsauslöser – ob äußere oder innere Faktoren – führen zu Veränderungen am Erbgut einer Zelle. Das kann dazu führen, dass Zellen der strengen Regulierung entgehen und ihre Eigenschaften und ihr Verhalten verändern – indem sie zum Beispiel unkontrolliert wachsen, sich teilen oder wandern.

Veränderte Gene: Grundlage für die Krebsentstehung

Schematische Darstellung von DNA und Chromosom
Die DNA wird im Zellkern eng aufgewickelt und bildet Chromosomen.
Bild: © Krebsinformationsdienst, DKFZ; erstellt mit BioRender.com

Wie eine Zelle aussieht und welche Aufgaben sie hat, bestimmt vor allem ihre genetische Information.

DNA: Diese Erbinformation ist auf der sogenannten DNA (= deoxyribonucleic acid, deutsch DNS = Desoxyribonukleinsäure) festgeschrieben. Die DNA liegt im Zellkern aufgerollt zu sogenannten Chromosomen vor.

Gene: Die einzelnen Abschnitte auf der DNA mit genetischer Information heißen Gene. Diese erblichen Merkmale enthalten die Baupläne aller Eiweiße (Proteine) einer Zelle. Die Erbinformation wird im Zellkern in kurze RNA (Ribonukleinsäure)-Moleküle umgeschrieben und ins Zellplasma transportiert. Dort wird die genetische Information abgelesen und in Proteine übersetzt.

Proteine: Eiweiße sind an fast allen wichtigen Prozessen im Körper beteiligt. Sie regulieren als Enzyme chemische Reaktionen. Als Hormone beeinflussen sie den Stoffwechsel und die Fortpflanzung des Körpers. In der Immunabwehr spielen sie in Form von Antikörpern eine Rolle. Auch für die Reizweiterleitung im Nervensystem sind sie wichtig. Für Wachstum, Reifen, Altern und Absterben von Zellen sind Proteine unentbehrlich.

  • Bei Weitem nicht alle Bereiche der DNA-Kette enthalten jedoch einen Bauplan für Eiweiße und werden übersetzt. Einige solcher DNA-Abschnitte enthalten dennoch wichtige Informationen, mit denen zum Beispiel die Ablesehäufigkeit von Genen reguliert wird.

Mutationen: Verändert sich die genetische Information der DNA durch äußere oder innere Einflüsse, dann sprechen Fachleute von einer Mutation. Solche Mutationen können zum Beispiel dazu führen, dass Proteine zu aktiv werden oder so verändert sind, dass sie ihre Funktion nicht mehr ausüben.

  • Veränderungen im Erbmaterial können so zur Entstehung von Krebs beitragen.

Neben der Veränderung einzelner DNA-Bausteine können auch größere Abschnitte der Erbinformation betroffen sein: Wenn zum Beispiel Abschnitte eines Chromosoms verloren gehen oder fälschlicherweise mehrfach vorliegen.

Epigenetik: Nicht allein die Gene zählen

Lexikon

Genetik: befasst sich mit den Erbanlagen oder Genen, ihrer Steuerung und ihrer Weitergabe an die nächste Generation.
Epigenetik: beschäftigt sich mit Mechanismen, die einen Einfluss auf die Aktivität von Genen haben, ohne dass die dort gespeicherte Information direkt verändert wird.

Nicht nur die Information in den Genen selbst bestimmen, wie eine Zelle aussieht und was wie tut. Wichtig ist auch, wie häufig ein Gen überhaupt abgelesen wird. Das wird zum Beispiel durch weitere Abschnitte der DNA gesteuert, die meist nicht zu Eiweißen übersetzt werden. Hinzu kommt: Die DNA ist um Eiweißmoleküle gewickelt, die Histone. Auch die Histone sind an der Steuerung der Gene beteiligt.

Verantwortlich für die Häufigkeit, mit der ein Gen abgelesen wird, sind vor allem chemische Markierungen an der DNA oder den Histonen. Sie führen zum Beispiel zur Bindung von regulierenden Proteinen an die Erbinformation. Oder sie bewirken, dass die DNA an Abschnitten zugänglicher ist, die abgelesen werden sollen. So ist es möglich, dass eine Hautzelle andere Proteine bildet als eine Leberzelle, obwohl beide über die gleiche genetische Gesamtinformation verfügen.

  • Die Wissenschaft, die sich mit dieser übergeordneten Regulierung der Gene beschäftigt, nennt sich Epigenetik (epi = griechisch für „auf", "über", "zusätzlich").

Ob aus einer Erbinformation ein Protein entsteht oder nicht, unterliegt jedoch noch weiteren Kontrollen. Eine solche Steuerung findet zum Beispiel bei der Übersetzung der Gene in Eiweiße statt. Denn auch die Aktivität des "Übersetzungsmoleküls" – der RNA – kann reguliert werden.

Fehler in der Steuerung können zu Krebs führen: Auf allen Ebenen der Struktur, Verpackung und Übersetzung des genetischen Materials kann es zu Störungen kommen - und alle diese Störungen können zur Entstehung von Krebs beitragen.

Krebsfördernde und krebshemmende Gene

Tumorsuppressorgene sind Gene, die im unveränderten Zustand die Krebsentstehung unterdrücken. Dazu gehören beispielsweise Gene, deren Produkte die Zellteilung hemmen. Wird solch ein Eiweiß durch eine Mutation oder epigenetische Veränderung des Tumorsuppressorgens ausgeschaltet oder geschwächt, dann funktioniert der entsprechende Kontrollmechanismus nicht mehr – und die Zelle teilt sich zum Beispiel unkontrolliert.

Proto-Onkogene sind Gene, deren Produkte die Krebsentstehung fördern können, wenn sie überaktiviert werden. Tritt eine entsprechende Veränderung in einem solchen Gen auf, ändert sich auch die Bezeichnung: Aus einem Proto-Onkogen wird ein Onkogen. Das sind zum Beispiel Gene, die das Zellwachstum fördern.

Reicht eine einzelne Genveränderung aus? Normalerweise nicht, denn: Eine Zelle besitzt mehrere Steuerungsmechanismen, die sich gegenseitig ergänzen und auch ersetzen können.

Das bedeutet: Erst wenn mehrere solcher Gene verändert, aktiviert oder ausgeschaltet sind, wird eine Zelle zur Krebszelle.

Genetische Instabilität: Krebszellen verändern sich schnell

Damit aus einer normalen Zelle eine Tumorzelle wird, müssen einige Veränderungen in und an der Erbinformation stattfinden. Auch im späteren Verlauf einer Krebserkrankung verändern sich Tumorzellen häufig besonders schnell. Was treibt diese Entwicklung an?

  • In gesunden Zellen werden die meisten Schäden an der Erbinformation umgehend repariert. In vielen Krebszellen aber funktionieren die dafür verantwortlichen Reparaturmechanismen nur unzuverlässig.
  • Viele Krebszellen weisen daher eine besonders hohe Mutationsrate auf.
  • Auch größere Veränderungen an den Chromosomen, wie Verdoppelung oder Verlust von Abschnitten oder sogar ganzen Chromosomen findet man häufig.
  • Fachleute bezeichnen diese Eigenschaft als "genetische Instabilität".
  • Nicht jede genetische Veränderung hat aber einen Einfluss auf die Entstehung oder Weiterentwicklung von Krebs: Es genügen wenige, um eine Krebszelle zur Krebszelle zu machen. Schätzungen sprechen von 2 bis 15, je nach Tumorart kann die Zahl variieren.
  • Manche Menschen haben erbliche Veränderungen in Genen, die für die Reparatur der Erbinformation wichtig sind. Sie bekommen darum häufiger Krebs.

Früher nahm man an, dass alle Zellen innerhalb eines Tumors mehr oder weniger gleich sind. Heute weiß man: Innerhalb eines Tumors oder auch einer Metastase gibt es unterschiedliche Zellen.

Das betrifft zum einen die Krebszellen selbst: Sie unterscheiden sich in ihren Eigenschaften. Diese Unterschiede beruhen auf genetischen oder epigenetischen Veränderungen.

Zusätzlich dazu gibt es noch weitere Zelltypen im Tumor und um den Tumor herum: Sie sind selbst keine Krebszellen, können aber zu Wachstum und Ausbreitung der Krebserkrankung beitragen.

Tumorstammzellen: Stetiger Nachschub an Krebszellen

Lexikon

Stammzellen: Nicht ausgereifte Zellen, die sich unbegrenzt teilen können. Sie sind hauptverantwortlich für Wachstum und Erneuerung.
Tumorstammzellen: Zellen innerhalb eines Tumors mit Stammzelleigenschaften. Die Existenz von Krebsstammzellen wurde für viele Tumoren gezeigt.

Auch in gesunden Organen und Geweben gibt es unterschiedliche Zellen. Zwar tragen alle die gleiche Erbinformation. Aber nur ein Teil scheint für Zellteilung, Wachstum und Erneuerung zuständig zu sein. Diese Zellen bezeichnet man als Stammzellen: Sie sind nicht vollständig ausgereift und können sich deshalb unbegrenzt teilen und in verschiedene Zelltypen weiterentwickeln. Ein Beispiel sind Blutstammzellen, aus denen sich alle Formen von Blutzellen bilden können.

  • Nach heutigem Wissen gibt es auch in vielen Tumoren Zellen, die hauptverantwortlich für deren Wachstum sind: Sie können sich unbegrenzt teilen, während die restlichen Tumorzellen sich nur begrenzt oder gar nicht mehr teilen.
  • Man bezeichnet diese Zellen als Tumorstammzellen oder Krebsstammzellen.

Offene Fragen beim Tumorstammzell-Modell: Das Modell besagt, dass alle Krebszellen in einer Geschwulst von Tumorstammzellen abstammen. Unklar ist jedoch bisher, wie viele Zellen innerhalb eines Tumors Stammzelleigenschaften besitzen. Das könnte auch von Tumor zu Tumor verschieden sein. Auch scheinen nicht alle Tumorarten diesem Modell zu folgen.

Noch nicht endgültig geklärt ist auch, wie Krebsstammzellen entstehen: Haben sie sich aus gesunden Gewebestammzellen entwickelt? Oder entstehen sie aus ausgereiften Zellen, die für die unbegrenzte Teilung notwendige Eigenschaften wiedererlangt haben? Wissenschaftler nehmen inzwischen an, dass beides möglich ist. Womöglich können Krebszellen sogar zwischen Phasen mit Stammzelleingenschaften und solchen ohne wechseln.

Welche Bedeutung haben Tumorstammzellen? Mit der Existenz der Tumorstammzellen lassen sich typische Eigenschaften von Tumoren erklären: Möglicherweise geht von diesen zur unbegrenzten Teilung fähigen Zellen die Bildung von Metastasen aus.

Auch für Rückfälle könnten sie verantwortlich sein: Krebsstammzellen teilen sich langsam und können sogar in einer Art Schlafzustand verharren. Da Chemotherapie und Bestrahlung hauptsächlich auf Zellen wirken, die sich schnell teilen, sind Tumorstammzellen relativ unempfindlich gegenüber diesen Behandlungen. Daher könnten sie die Ursache dafür sein, dass ein scheinbar zerstörter Tumor nach längerer Zeit wieder zurückkehrt.

  • Forscher arbeiten daher zum Beispiel an Therapien, die zuerst schlafende Tumorstammzellen "wecken" sollen, um sie anschließend mit den gängigen Therapeutika zu behandeln. Bisher stehen solche Entwicklungen aber noch am Anfang.

Weitere Zellen im und um den Tumor

Lexikon

Tumor-Mikroumgebung: Den Tumor bzw. die Tumorzellen umgeben verschiedene andere Zellen und Moleküle. Sie bilden die Tumor-Mikroumgebung (engl.: tumor microenvironment). Sie beeinflussen Wachstum und Ausbreitung des Tumors und werden selbst von den Krebszellen beeinflusst.

Tumoren im Gewebe bestehen nicht nur aus Tumorzellen: Weitere Zelltypen können einwandern und Teile des Tumors bilden. Auch die direkte Umgebung des Tumors spielt eine Rolle für Wachstum, Versorgung und Ausbreitung der Tumorzellen. Man nennt sie auch die Tumor-Mikroumgebung. Sie besteht aus verschiedenen Zelltypen sowie strukturgebenden und Signal-Molekülen, die von diesen Zellen abgegeben werden.

Beispiele sind:

  • Zellen, die Blut- und Lymphgefäße zur Versorgung des Tumors bilden,
  • Zellen, die eine Stützfunktion ausüben,
  • Immunzellen, die in den Tumor einwandern.

Tumorzellen stehen mit den anderen Zelltypen in ihrer Umgebung im Austausch. Sie regen sie zum Beispiel dazu an, wachstumsfördernde oder Immunsystem-hemmende Signalmoleküle zu bilden. Andersherum beeinflussen auch die umliegenden Zellen das Verhalten und die Eigenschaften der Tumorzellen. Sie können damit das Krebswachstum fördern oder hemmen.

  • Wissenschaftler forschen deshalb an Medikamenten, die auf die Tumormikroumgebung wirken. Die Hoffnung dahinter: So kann man eventuell die Therapie unterstützen, die sich gegen die eigentlichen Tumorzellen richtet.

Zum Weiterlesen

Das Immunsystem des Körpers erkennt Fremdstoffe. Das ist bei Krebszellen nicht so einfach wie zum Beispiel bei Bakterien: Krebszellen entstehen aus gesunden Zellen und sind ihnen daher ähnlich. Dennoch gibt es veränderte Merkmale, an denen die Immunzellen Tumorzellen erkennen können. Das passiert im Körper auch häufig: Viele Krebszellen werden vom Immunsystem bereits vernichtet, bevor überhaupt ein erkennbarer Tumor wachsen kann.

Was ist schiefgegangen, wenn dennoch ein Tumor entsteht? Nicht alle Krebszellen oder Krebsvorläuferzellen sind für das Immunsystem gut erkennbar. Außerdem entwickeln manche Tumorzellen Ausweichstrategien gegen die Wächter des Immunsystems: Zum Beispiel indem sie sich "unsichtbar" für das Immunsystem machen. Oder indem sie Immunzellen hemmen. So können sie der Immunabwehr entkommen.

Chronische Entzündungen: Kann das Immunsystem auch Krebs fördern?

Das Immunsystem kann auch krebsfördernd wirken: Es gibt zahlreiche Forschungsergebnisse, die darauf hinweisen, dass chronische - also lang andauernde - Entzündungen zur Krebsentstehung beitragen.

Konkrete Hinweise auf einen Zusammenhang liefern Erkrankungen: Beispielsweise haben Betroffene mit der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs. Auch bei manchen krebsfördernden Krankheitserregern spielt vermutlich eine chronische Entzündung eine Rolle: Zum Beispiel bei der Entstehung von Magenkrebs durch die Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori.

Ein weiteres Beispiel für eine Art chronischer Entzündung ist das sogenannte metabolische Syndrom. An dieser dauerhaften Stoffwechselschieflage können stark übergewichtige Menschen leiden. Es führt zu Entzündungsprozessen im Gewebe sowie Veränderungen im Hormonstoffwechsel. Beides spielt wahrscheinlich für die Krebsentstehung eine Rolle. Die biologischen Mechanismen sind allerdings noch nicht vollständig geklärt.

Wie fördern chronische Entzündungen Krebs? Bei Entzündungsreaktionen wandern Immunzellen die das betroffene Gewebe ein und schütten verschiedene Botenstoffe und andere Substanzen aus.

Wird die Entzündung chronisch, können solche Stoffe anstelle der Heilung des Gewebes auch nachteilige Folgen haben: Beispielsweise entstehen freie Radikale, die das Erbmaterial schädigen können. Andere Stoffe beschleunigen die Vermehrung von Zellen oder hemmen das Selbstmordprogramm von Zellen. Weitere Forschung ist aber notwendig, um diese Vorgänge besser zu verstehen.

Quellen zum Weiterlesen (Auswahl)

Im Folgenden finden Sie eine Auswahl an hilfreichen Links zum Weiterlesen und Quellen, die für die Erstellung dieses Textes genutzt wurden.

Mehr beim Deutschen Krebsforschungszentrum

Über ihre Forschungsschwerpunkte im Bereich Krebsentstehung informieren Wissenschaftler des DKFZ unter www.dkfz.de, Reiter "Forschung".

Weitere Informationen bieten Pressemitteilungen des DKFZ, die über verschiedene Aspekte der Krebsentstehung berichten. Sie sind einzusehen unter www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/archiv.php.

Das Magazin "einblick" des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) richtet sich an Jedermann und informiert über aktuelle Erkenntnisse aus der Krebsforschung: www.dkfz.de/de/presse/veroeffentlichungen/einblick/archiv.html.

Fachartikel (Auswahl)
Batlle E, Clevers H. Cancer stem cells revisited. Nat Med. 2017 Oct 6;23(10):1124-1134. doi: 10.1038/nm.4409. PMID: 28985214.

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Pressemitteilung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (International Agency for Research on Cancer, IARC) vom 13.1.2015: "Most types of cancer not due to 'bad luck' - IARC responds to scientific article claiming that environmental and lifestyle factors account for less than one third of cancers", www.iarc.fr/en/media-centre/pr/2015/pdfs/pr231_E.pdf.

Fachbücher (Auswahl)
Alberts B, Johnson A, Lewis J, Morgan D, Raff M, Roberts K, Walter P. Molecular Biology of the Cell. Garland Science, 6th edition 2014.

Pecorino L. Molecular Biology of Cancer. Mechanisms, Targets and Therapeutics. 4. Auflage 2016. Oxford University Press.

Wagner C, Müller O. Molekulare Onkologie: Entstehung, Progression, klinische Aspekte. Thieme, 3. Auflage 2009.

Weinberg RA. The Biology of Cancer. Garland Science, 2nd edition 2013.

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