So bewerten Behörden das Krebsrisiko durch Kaffee
Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft das Krebsrisiko für Kaffee insgesamt als "nicht bewertbar" (Gruppe 3) ein.
Das Bundinstitut für Risikobewertung (BfR) in Deutschland erklärt die Bewertung der IARC folgendermaßen: Das Gefahrenpotential von Lebensmitteln lässt sich in der Regel nur begrenzt einordnen. Denn: Lebensmittel wie Kaffee sind Gemische aus verschiedenen Inhaltsstoffen, die auch in unterschiedlichen Mengen vorhanden sind. Manche von ihnen wirken gesundheitsfördernd. Es gibt aber auch Stoffe in sehr geringen Mengen, die allein betrachtet als "wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend" gelten. Im Kaffee sind das beispielsweise Furan, Acrylamid und Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK).
Was bedeutet das für Verbraucherinnen und Verbraucher? Die derzeitige Datenlage spricht dafür, dass Kaffee keinen Krebs verursacht. Dem BfR zufolge kann es 2 Gründe haben, warum die enthaltenen "wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend" Inhaltsstoffe keine Auswirkungen haben: Zum einen können andere Inhaltsstoffe die möglicherweise schädliche Wirkung abmildern oder neutralisieren. Oder die Menge schädlicher Stoffe im Kaffee ist so gering, dass dadurch in den verfügbaren Studien keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit zu beobachten waren.
- Gut zu wissen: Anhand der ausgewerteten Studien konnten Fachleute sogar weitgehend ausschließen, dass Kaffee die Entstehung von Brustkrebs, Prostatakrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs begünstigt.
Wie kommt die Bewertung genau zustande? Unterschiedliche Behörden untersuchen Kaffee und darin enthaltene Stoffe wie Acrylamid, PAK oder Furan unter verschiedenen Aspekten.
- Die IARC prüft beispielsweise, ob durch die chemischen Eigenschaften eines Inhaltsstoffes generell ein Krebsrisiko bestehen könnte. Diese Einschätzung kann sich allerdings auch auf die Zufuhr extrem großer Mengen beziehen, die eine Person täglich gar nicht zu sich nehmen könnte.
- Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) beschäftigt sich dagegen vorrangig mit den konkreten Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie ermittelt, welche Menge eine Person maximal pro Tag zu sich nehmen darf, damit kein Gesundheitsrisiko besteht.
Verbraucherschutz bei Lebensmitteln
Hersteller müssen bei Lebensmitteln genaue Vorgaben und Richtlinien einhalten. Das bedeutet: Sie müssen die genaue Menge der Inhaltsstoffe im Kaffee angeben und dürfen die für jeden Inhaltsstoff vorgeschriebene Menge nicht überschreiten.
Die Behörden reagieren auch auf Erkenntnisse aus der Forschung und passen Vorgaben und Richtwerte gegebenenfalls an. Seit April 2018 gibt es beispielsweise eine EU-Verordnung, um den Acrylamid-Gehalt in Lebensmittel zu senken.
Stand der Forschung: Was Forschende noch nicht wissen
Forschende wissen bislang nur, dass Kaffee nachweislich das Risiko für Leberkrebs und Gebärmutterkrebs senkt. Dieser schützende Effekt hängt allerdings von der täglichen Kaffeemenge ab: bei Leberkrebs sind das beispielsweise mindestens 3 Tassen Kaffee pro Tag.
Ob Kaffee generell das Krebsrisiko senkt, ist unklar: Es gibt Hinweise, dass Kaffee auch das Risiko für andere Krebsarten wie Mund-, Rachen-, Kehlkopf und Hautkrebs senkt – hier sind aber noch weitere hochwertige Studien notwendig. Bei anderen Krebsarten gibt es allerdings teilweise widersprüchliche Ergebnisse: einige Studien belegen eine schützende Wirkung, andere Studien können diese Wirkung nicht bestätigen.
Die Temperatur von Getränken: eine Ursache für Speiseröhrenkrebs? Es gibt starke Hinweise, dass sehr heiße Getränke (über 65 °C) das Risiko für Speiseröhrenkrebs erhöhen können. Deshalb haben Fachleute das Trinken sehr heißer Getränke insgesamt als wahrscheinlich krebserregend (Gruppe 2A) eingestuft.
Fazit für Verbraucherinnen und Verbraucher
Wer gerne Kaffee trinkt, kann das laut Fachleuten auch weiterhin bedenkenlos tun. Auch, wenn beim Röstvorgang Stoffe entstehen können, die laut IARC wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend sind.
Wichtig für Verbraucherinnen und Verbraucher: "Die Menge macht das Gift". Auch wenn Fachleute der IARC Stoffe als wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend einstufen, ist damit nicht zwangsweise ein realistisches Krebsrisiko verbunden. Entscheidend ist die Menge, die man täglich zu sich nimmt.
- Gut zu wissen: Im Kaffee ist dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zufolge vergleichsweise weniger Acrylamid enthalten als beispielsweise in Chips oder Pommes frites.
Zum Weiterlesen
Institutionen und Fachgesellschaften
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erklärt auf seiner Internetseite, wie Furan entstehen kann und welche Lebensmittel viel davon enthalten können und hat Antworten auf häufig gestellte Fragen veröffentlicht.
Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hat auf ihrer Internetseite eine Risikobewertung zu Acrylamid sowie eine Erklärung dieser Risikobewertung (PDF) veröffentlicht.
Leitlinien
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karziome, Langversion 4.0, 2023, AWMF Registernummer: 032/053OL, (abgerufen am: 27.03.2024)
Fachartikel (Auswahl)
IARC Working Group on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans. Drinking Coffee, Mate, and Very Hot Beverages. Lyon (FR): International Agency for Research on Cancer; 2018.
Kim Y, Je Y, Giovannucci E: Coffee consumption and all-cause and cause-specific mortality, A meta-analysis by potential modifiers. In: European Journal of Epidemiology 04.05.2019, 34: 731-752. doi: 10.1007/s10654-019-00524-3.
Kim J, Nedwidek-Moore M, Kim K. Safest Roasting Times of Coffee To Reduce Carcinogenicity. J Food Prot. 2022 Jun 1;85(6):918-923. doi: 10.4315/JFP-21-427.
Safe S, Kothari J, Hailemariam A, Upadhyay S, Davidson LA, Chapkin RS. Health Benefits of Coffee Consumption for Cancer and Other Diseases and Mechanisms of Action. Int J Mol Sci. 2023 Jan 31;24(3):2706. doi: 10.3390/ijms24032706.