Recht auf Vergessen für Krebsbetroffene

Dürfen Versicherungen und Banken nach Krebserkrankungen fragen?

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Wer sich oder seine Angehörigen absichern will, denkt meist an eine Lebens– oder Berufsunfähigkeitsversicherung. Eine aktuelle oder auch länger zurückliegende Krebserkrankung kann einen Vertragsabschluss verhindern.

Vor Abschluss eines Versicherungsvertrages müssen Interessierte regelmäßig einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Damit informiert sich die Versicherung über aktuelle und zurückliegende Erkrankungen. Für Krebsbetroffene besteht dabei ein hohes Risiko, dass das Versicherungsunternehmen den Vertragsschluss ablehnt, bestimmte Risiken ausschließt oder eine höhere Prämie festlegt.

Paar sitzt mit Rücken zum Betrachter an einem Tisch einer Frau gegenüber, vor der Papierunterlagen liegen.
Bei Versicherungsabschluss müssen ehemalige Krebsbetroffene Gesundheitsfragen beantworten.
Bild: © iStock, urbazon

Versicherung kann Vertrag wieder auflösen

Gesundheitsfragen müssen immer wahrheitsgemäß beantwortet werden. Denn das Versicherungsvertragsgesetz legt für Antragsteller eine umfassende Anzeigepflicht fest.

Wenn Antragsteller falsche oder unvollständige Angaben machen, kann das Versicherungsunternehmen später den Vertrag wieder auflösen. Je nach Konstellation kann das im schlimmsten Fall bedeuten, dass bereits erhaltene Rentenzahlungen zurückgezahlt werden müssen. Regelmäßig sind bereits gezahlte Versicherungsbeiträge samt Versicherungsschutz verloren.

Selten ist nachträglich eine Vertragsanpassung möglich, die dann zum Beispiel eine Krebserkrankung von der Versicherung ausschließt.

Wichtig: Das Versicherungsunternehmen hat bei fahrlässigen Angaben 5 Jahre Zeit, seine Rechte wegen falschen Angaben geltend zu machen. Die Frist gilt nicht, wenn innerhalb dieses Zeitraums Versicherte bereits Leistungen erhalten haben. Bei Vorsatz und arglistiger Täuschung beträgt die Frist 10 Jahre.

Erhalten Krebsbetroffene einen Bankkredit?

Anders als Versicherungen stellen Banken keine Fragen zur Gesundheit. Jedoch wollen Banken sicherstellen, dass ein Kredit zurückgezahlt wird. Sie verlangen deshalb Sicherheiten, bevor sie einen Kredit gewähren. Das kann zum Beispiel eine Lebensversicherung oder eine Restschuldversicherung sein.

Über diesen Umweg kann es sein, dass es für Krebsbetroffene schwer bis unmöglich wird, einen Bankkredit zu erhalten. Es müssen dann gegebenenfalls andere Sicherheiten wie zum Beispiel eine Hypothek oder eine Bürgschaft geprüft werden.

"Right to be forgotten" in Europa

Um Krebsbetroffenen einen besseren Zugang zu Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen zu schaffen, wird auf europäischer Ebene ein "Right to be forgotten" ("Recht auf Vergessen") diskutiert.

Das "Recht auf Vergessen" soll die Möglichkeit von Versicherungen einschränken, vor Vertragsabschluss Fragen zur Gesundheit zu stellen – eine Krebserkrankung soll versicherungsrechtlich vergessen werden können. Ziel ist es, Krebsbetroffene vor Diskriminierung zu schützen und ihnen den gleichen Zugang zu Versicherungen zu ermöglichen wie nicht an Krebs erkrankten Menschen.

Einige EU-Länder wie zum Beispiel Portugal, Frankreich und Luxemburg haben ein "Right to be forgotten" bereits eingeführt. Die einzelnen Regelungen stimmen nicht in allen Einzelheiten überein. Doch gemeinsam ist ihnen im Wesentlichen, dass Betroffene ihre Krebserkrankung 10 Jahre nach der letzen Behandlung nicht mehr angeben müssen. Für Kinder und Jugendliche gilt sogar eine Frist von nur 5 Jahren.

Kein Recht auf Vergessen in Deutschland

In Deutschland gibt es bisher kein "Recht auf Vergessen". Verbraucherverbände empfehlen daher, nur Versicherungen abzuschließen, die Gesundheitsfragen bereits jetzt auf 10 oder 5 Jahre rückwirkend beschränken.

Zum Weiterlesen: Quellen und vertiefende Informationen

Rechtlicher Rahmen/Behördeninformationen

In §§ 19 bis 22 und 47 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist geregelt, welche Rechte (z.B. Kündigung) Versicherungsunternehmen haben, wenn Personen beim Vertragsabschluss falsche Angaben, beispielsweise zu Erkrankungen, gemacht haben.

Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) ist 2016 in Kraft getreten. Darin verankert sind auch Vorschriften zum Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr. Diese erstrecken sich auch auf privatrechtliche Versicherungen.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes informiert umfassend zum AGG.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen informiert zu vorvertraglichen Anzeigepflichten und anderen interessanten Themen rund um private Versicherungen.

Weitere Quellen (Auswahl)

Krebsinformationsdienst, Fachkreise-News vom 23.11.2022: Prädiktive Gentests - Was dürfen Versicherungen fragen?

Beitrag Verbraucherzentrale vom 3.11.2021: Risikovoranfrage: So suchen Sie mit Vorerkrankungen eine Versicherung.

European Cancer Patient Coalition (ECPC): Überblick über den Stand des "Right to be forgotten" in Europa: European Cancer Patient Coalition – Factsheet on the Right to be forgotten* for cancer survivors in the EU National Legislation (PDF)


 

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