Wann wird eine Nichtunterlegenheitsstudie durchgeführt?
Ein Nichtunterlegenheitsdesign kann sinnvoll sein, wenn bei einem Vergleich von zwei Therapien möglicherweise gar kein oder nur ein vernachlässigbar kleiner Unterschied im Hinblick auf die Wirksamkeit zu erwarten ist. Als Verbesserung wird in solchen Situationen nicht eine bessere Wirksamkeit der neuen Therapie angesehen, sondern ein günstigeres Nebenwirkungsprofil, eine einfachere Handhabung oder geringere Kosten ‒ Aspekte, die in der Krebstherapie oft von Belang sind.
Mehrere Therapieoptionen erwünscht
Auch kann es in bestimmten Fällen wünschenswert sein, mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung zu haben. Dies ist beispielsweise von Vorteil, wenn es zu Resistenzentwicklungen, allergischen Reaktionen oder anderweitig zu Unverträglichkeiten bei Krebspatienten kommt.
Wodurch zeichnet sich eine Nichtunterlegenheitsstudie methodisch aus?
Nichtunterlegenheitsgrenze: Nichtunterlegenheit wird angenommen, wenn die neue Therapie allenfalls in gewissen, vor Studienbeginn definierten Grenzen schlechter abschneidet als die Referenzbehandlung. Vor Beginn einer Nichtunterlegenheitsstudie muss daher festgelegt werden, bis zu welcher Grenze leicht schlechtere Ergebnisse einer Therapie noch akzeptiert werden können, weil der Unterschied klinisch nicht relevant, das heißt für die Patienten ohne Bedeutung ist.
Relevante Analyse-Population: Bei einer Nichtunterlegenheits-Fragestellung ist die sogenannte Per-Protokoll-Auswertung ausschlaggebend. Das ist die Analyse, in die nur die Daten derjenigen Studienteilnehmer eingehen, die vollständig gemäß dem Prüfplan der Studie behandelt wurden. Bei der ebenfalls durchgeführten Intention-to-treat-Analyse dagegen werden die Daten aller Teilnehmer ausgewertet ‒ also auch die Daten derer, die im Laufe der Studie ausgeschieden sind oder eine andere Behandlung erhielten als ursprünglich geplant.
Signifikanzprüfung: Daten aus Nichtunterlegenheitsstudien bedürfen genauso der Signifikanzprüfung wie Daten aus Überlegenheitsstudien. Als signifikant gelten Ergebnisse dann, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass hier nur der Zufall am Werk war.
Geringere Fallzahl: Für einen Nichtunterlegenheitsnachweis sind in der Regel weniger Studienteilnehmer notwendig als für einen Überlegenheitsnachweis. Damit ist auch der finanzielle und organisatorische Aufwand geringer.
Zum Weiterlesen: Verwendete Quellen und vertiefende Informationen
Übersichtsarbeiten und Fachveröffentlichungen
Matilde Sanchez M, Chen X. Choosing the analysis population in non-inferiority studies: per protocol or intent-to-treat. Stat Med. 2006 Apr 15;25(7):1169-81. doi: 10.1002/sim.2244.
Lange S, Bender R, Ziegler A. Äquivalenzstudien und Nicht-Unterlegenheitsstudien. Dtsch Med Wochenschr. 2007;132 Suppl 1:e53-6. doi: 10.1055/s-2007-959043.
Lange S, Scheibler F, Fleer D, Windeler J. Interpretation of the Results of the MINDACT Study and Consequent Recommendations in the Updated ASCO Clinical Practice Guideline. J Clin Oncol. 2018 Feb 1;36(4):429-430. doi: 10.1200/JCO.2017.75.9506.
Reig M, Bruix J. Lenvatinib: can a non-inferiority trial change clinical practice? Lancet. 2018 Mar 24;391(10126):1123-1124. Epub 2018 Feb 9. doi: 10.1016/S0140-6736(18)30208-3.
Wellek S, Blettner M. Klinische Studien zum Nachweis von Äquivalenz oder Nichtunterlegenheit. Dtsch Arztebl Int 12.10.2012; 109(41): 674-9. doi: 10.3238/arztebl.2012.0674
Weitere Quellen (Auswahl)
Glossar zu Begriffen aus dem Gesundheitswesen. Webseite des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Zugriff 22.11.2018. www.iqwig.de/de/glossar.2727.html
Zur Weitergabe an Ihre Patienten: Informationsblatt "Klinische Studien: Was muss ich wissen?". Das Informationsblatt richtet sich an Patienten. Wer sich für die Teilnahme an einer klinischen Studie interessiert, findet dort grundlegende Informationen sowie eine Liste wichtiger Fragen als Entscheidungshilfe für die eigene Situation.