Vulnerable Gruppe: Schülerinnen und Schüler
Untersuchungen zeigen: Gerade junge Menschen haben oft Schwierigkeiten, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und auf die eigene Situation anzuwenden.
Soziale und wirtschaftliche Faktoren prägend: Beim Gesundheitsverhalten spielt der sozioökonomische Status von Kindern und Jugendlichen eine wichtige Rolle. Ernährung, körperliche Aktivität oder Tabakkonsum – all dies wird schon sehr früh durch die Familie und das Umfeld geprägt. Gesundheitsstörungen werden vermehrt bei Heranwachsenden aus sozial benachteiligten Familien festgestellt. Die Gesundheitskompetenz wurde als wichtiger und – vor allem – beeinflussbarer Faktor identifiziert, der den Zusammenhang zwischen einem niedrigen sozioökonomischen Status und der Entwicklung von Gesundheitsstörungen vermittelt.
Lernort Schule wichtig: Durch Förderung der Gesundheitskompetenz bereits im Kindes- und Jugendalter soll einem möglicherweise ungünstigen Einfluss von niedrigem sozioökonomischen Status und niedrigem Bildungsniveau auf die Gesundheit entgegengewirkt werden. Dabei kommt dem Lernort Schule eine wichtige Rolle zu, um durch eine breite Förderung verschiedener Ebenen der Gesundheitskompetenz soziale Gradienten anzugleichen.
Fit in Gesundheitsfragen: Wissen zu Krebs und Diabetes
Die Krankheiten Krebs und Diabetes stehen aufgrund ihrer bevölkerungsweiten Relevanz bewusst im Fokus des Projektes: 500.000 Menschen erkranken in Deutschland in jedem Jahr neu an Krebs, an Diabetes 560.000. Bei beiden Entitäten spielen häufig Lebensstil- und Umweltfaktoren in der Krankheitsentstehung eine Rolle. Diesen Faktoren kann vorgebeugt werden. Am Modell dieser Volkskrankheiten wird daher evidenzbasiertes Wissen zu deren Entstehung, Prävention, Behandlung und Erforschung vermittelt.
Darüber hinaus werden Informationen über das Gesundheitssystem und Materialien zur gezielten Förderung der Gesundheitskompetenz bereitgestellt. Um für den Umgang mit der eigenen Gesundheit zu sensibilisieren, sollen Lehrende wie Lernende zur aktiven Informationssuche, insbesondere in digitalen Medien, befähigt und in ihrer Bewertungskompetenz gestärkt werden. Dafür werden innovative und lehrplanbezogene Unterrichtsmaterialien für die Sekundarstufen I und II erstellt. Eine zweite Säule stellen Fortbildungen für Lehrkräfte dar, bei denen ein wissenschaftlicher Fachvortrag gehalten und der Einsatz der Materialien vorgestellt wird.
Durchgeführt wird das Programm vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg und dem Forschungsinstitut Helmholtz Munich. Weitere Informationen finden sich auf der Projektseite von "Fit in Gesundheitsfragen".
Publikation in renommierter Fachzeitschrift
Aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz des Themas wurde unter dem Titel "Wissen schafft Gesundheit: Das Programm "Fit in Gesundheitsfragen" zur Stärkung der Gesundheitskompetenz von Schülerinnen und Schülern" ein Beitrag in
Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz veröffentlicht.
Nach einer theoretischen Einführung in die Thematik der Gesundheitskompetenz bei Jugendlichen werden in dem Fachartikel das Vorgehen bei der Erstellung und Ausgestaltung der Unterrichtsmaterialien sowie Format und Ablauf der Fortbildungen für Lehrkräfte erläutert. Zudem werden erste Zahlen zu Reichweite und Akzeptanz der Maßnahmen auf Seiten der Lehrkräfte vorgestellt. Seit 2018 wurden bislang
- 46 Unterrichtsmaterialien und 3 Informationsschriften mit Hintergrundwissen fur Lehrende veröffentlicht und
- 50 Lehrerfortbildungen durchgeführt. Bis Ende 2021 nahmen daran rund 1600 Lehrkräfte und Multiplikatoren in Präsenz oder online teil.
Die Teilnehmenden erteilten den jeweiligen Veranstaltungen zu über 90 Prozent sehr gute und gute Noten. Rund 75 Prozent der Lehrkräfte gaben an, die vermittelten Themen in ihrem Unterricht aufgreifen zu wollen (Abbildungen 1 und 2). Ein weiterer Ausbau des Angebots ist vorgesehen.
Das Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz ist eine monatlich erscheinende gesundheitswissenschaftliche Fachzeitschrift. Die Herausgeber sind das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und das Robert Koch-Institut (RKI).
Bildungspolitische Forderung
Gesundheitsthemen sollten in den Bildungsplänen der Bundesländer für die Schulen einen größeren Raum als bisher einnehmen, so die Autorinnen des Beitrags. Diese Konsequenz liegt nahe, insbesondere vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie, der digitalen Transformation des Gesundheitssystems und der politisch gewünschten Stärkung der Gesundheitskompetenz schon im Kindes- und Jugendalter. Dies würde Lehrende maßgeblich dabei unterstützen, Gesundheitsthemen im Unterricht aufzugreifen.
Evaluationsstudie: Lehrkräfte gesucht
Kontakt zum Projektteam
Interessierte Lehrerinnen und Lehrer können sich gerne unter kid-kommunikation@dkfz.de an das Projektteam wenden.
Die Genehmigungen der Bundesländer sowie der Ethikkommission der medizinischen Fakultät Heidelberg für die Durchführung der Evaluationsstudie liegen vor.
Bevor das Projekt verstetigt wird, ist ab Herbst 2022 eine Befragungsstudie in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz geplant. Mit ihr soll überprüft werden, ob die Unterrichtsmaterialien von "Fit in Gesundheitsfragen" das Wissen und die Gesundheitskompetenz der Schülerinnen und Schüler nachhaltig und effektiv verbessern.
Dafür setzen Lehrkräfte eine ausgewählte Lerneinheit im Unterricht ein und teilen zu drei Zeitpunkten Fragebögen an Schülerinnen und Schüler aus: vor der Durchführung der Lerneinheit, direkt im Anschluss an ihren Einsatz und letztmalig nach etwa vier Wochen. Zur Auswahl stehen die Materialien
- Humane Papillomviren (HPV) (Sek I)
- Krebsmythen (Sek I) und
- Krebsentstehung (Sek II).
Verwendete Quellen
Koller U, Siepmann B, Braun V, Geulen J, Herold K, Greulich-Bode K, Hiller B, Weg-Remers S. Wissen schafft Gesundheit: Das Programm "Fit in Gesundheitsfragen" zur Stärkung der Gesundheitskompetenz von Schülerinnen und Schülern. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2022 Jul;65(7-8):803-813. doi: 10.1007/s00103-022-03549-4.