CDK4/6-Hemmer bei frühem Brustkrebs

Kann adjuvantes Ribociclib die Prognose verbessern?

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Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs, Lymphknotenbefall und hohem Rückfallrisiko können adjuvant zusätzlich Abemaciclib erhalten. Nun zeigt auch Ribociclib in einer Studie vielversprechende Ergebnisse.

Bei lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs sind CDK4/6-Hemmer bereits etabliert1. Es stehen dort folgende CDK4/6-Hemmer zur Verfügung: Abemaciclib (Verzenios®), Ribociclib (Kisqali®) oder Palbociclib (Ibrance®). 

Beim frühen Brustkrebs sieht die Lage etwas anders aus: Bisher ist in der EU lediglich Abemaciclib zusätzlich zur adjuvanten endokrinen Therapie aufgrund der Daten der MonarchE-Studie zugelassen2. Während Palbociclib in Studien (PENELOPE-B, PALLAS)3,4 keinen eindeutigen Vorteil brachte, zeigt nun die NATALEE-Studie, dass adjuvantes Ribociclib die Prognose von Patientinnen mit frühem hormonabhängigem Mammakarzinom ebenfalls verbessern kann5.

 

Wie wirken CDK4/6-Hemmer?

CDK4/6-Hemmer blockieren die zyklinabhängigen Kinasen 4 und 6. Diese Enzyme regen im Zusammenspiel mit Cyclin D1 die Zellteilung an. Insbesondere die Proliferation Hormonrezeptor-positiver Brustkrebszellen ist häufig von diesen Enzymen abhängig. Für die meisten gesunden Zellen gilt dies nicht in diesem Ausmaß.

Patientin im Gespräch mit einer Ärztin.
Patientinnen mit frühem Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs und hohem Rückfallrisiko wünschen sich eine adjuvante Therapie, die Rückfälle effektiv verhindern kann.
Bild: © Thirdman, Pexels

Ribociclib bei frühem Brustkrebs: NATALEE

Studiendesign: Die NATALEE-Studie (Phase-III-Studie, NCT03701334) vergleicht die zusätzliche Gabe von Ribociclib adjuvant über 3 Jahre mit Placebo, jeweils in Kombination mit einem nichtsteroidalen Aromatasehemmer (Letrozol oder Anastrozol) über mindestens 5 Jahre. Die Patientinnen (und Patienten) der Interventionsgruppe nehmen 400 mg Ribociclib täglich in Tablettenform ein, immer für 3 Wochen, gefolgt von 1 Woche Pause. Prämenopausale Frauen und an Brustkrebs erkrankte Männer erhalten zusätzlich ein GnRH-Analogon (Goserelin). Die Teilnehmenden durften vor Studienbeginn bereits bis zu 12 Monate einer (neo)adjuvanten endokrinen Therapie erhalten haben. Außerdem durften sie eine (neo)adjuvante Chemotherapie erhalten haben.

Für wen geeignet: Aufgenommen in die NATALEE-Studie wurden Frauen und Männer mit frühem, Hormonrezeptor-positivem (Östrogen- und/oder Progesteronrezeptor-positiv), HER2-negativem Brustkrebs im Stadium II oder III. Falls im Stadium IIA kein Lymphknotenbefall (N0) vorlag, musste noch Folgendes gegeben sein: hohes Grading (G3) oder aber mittleres Grading (G2) und Ki-67 ≥ 20 % oder aber ein hohes Risiko in einem Genexpressionstest. 

Weniger Rückfälle unter Ribociclib: Bei Zugabe von Ribociclib kam es in der bisherigen Nachbeobachtungszeit seltener zu einem Rückfall der invasiven Erkrankung, Tod oder Zweittumor (primärer Studienendpunkt: invasive disease-free survival, iDFS): Zusätzliches Ribociclib reduzierte das Risiko für einen Rückfall der invasiven Erkrankung, Tod und einen Zweittumor um relativ 25,2 %. Absolut führte Ribociclib zu einer Verbesserung des 3-Jahres-iDFS um 3,3 % (90,4 % versus 87,1 % unter Aromatasehemmer allein, Hazard Ratio (HR) 0,75, 95 %-KI 0,62 – 0,91, p = 0,0014, Kaplan-Meier-Schätzungen). 

Was bedeutet Hazard Ratio?

Risikoverhältnis, von engl. “hazard”: Gefahr, Risiko, und “ratio”: Verhältnis. Die Hazard Ratio (HR) ist ein Maß zum Vergleich zweier Gruppen im Hinblick auf das Risiko, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt. Eine HR von 0,75 bedeutet, dass das betreffende Ereignis (z. B. Nebenwirkung, Todesfall) in der einen Gruppe um 25 % seltener ist als in der Vergleichsgruppe.

Vorteile auch in Untergruppen-Analysen: Verschiedene Untergruppen hatten unter Ribociclib ein besseres 3-Jahres-iDFS. Bei prä- und postmenopausalen Frauen sowie bei Männern verbesserte Ribociclib die Prognose. Patientinnen im Tumorstadium III und Patientinnen mit Lymphknotenbefall profitierten deutlich. Aber auch bei Patientinnen im Tumorstadium II und bei Patientinnen ohne befallene Lymphknoten (N0)6 fanden sich Hinweise darauf, dass eine Therapie mit Ribociclib vorteilhaft sein könnte. Patientinnen, die zuvor eine Chemotherapie erhalten hatten, konnten durch Ribociclib ihre Prognose verbessern. Dies traf auf die kleinere Gruppe an Patientinnen ohne vorangegangene Chemotherapie allerdings nicht zu.

Noch keine Aussage zum Gesamtüberleben: Weitere Analysen zum Gesamtüberleben müssen abgewartet werden. 

Wichtig zu wissen: Seit der Randomisierung sind erst weniger als 3 Jahre vergangen. Nur ein Fünftel der Patientinnen hatte in dieser Zwischenanalyse die 3 Jahre Ribociclib vervollständigt. Weitere Auswertungen mit längerer Nachbeobachtungszeit sind also abzuwarten.

Nebenwirkungen von Ribociclib

Bei metastasiertem Brustkrebs nehmen Patientinnen in der Regel 600 mg Ribociclib ein. In der NATALEE-Studie erhielten die Patientinnen nur 400 mg Ribociclib täglich, um die Verträglichkeit zu verbessern7. Es traten die von Ribociclib bereits bekannten Nebenwirkungen8,9 auf, unter anderem Neutropenie, Leberprobleme, Gelenkschmerzen und QT-Verlängerungen5. Bei fast einem Fünftel der Patientinnen wurde Ribociclib vorzeitig aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen5.

Unterschiede zur MonarchE-Studie

Die Ergebnisse der MonarchE-Studie bildeten die Grundlage der Zulassung des CDK4/6-Hemmers Abemaciclib bei frühem Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs mit Lymphknotenbefall. Abemaciclib über 2 Jahre zusätzlich zur endokrinen Therapie konnte das iDFS verbessern. Die endgültigen Analysen zum Gesamtüberleben stehen derzeit noch aus2.

Ribociclib auch bei N0: In der MonarchE-Studie mussten entweder mindestens 4 Achsellymphknoten befallen sein oder aber 1 – 3 Achsellymphknoten und zusätzliche Risikofaktoren vorliegen. Im Gegensatz dazu untersucht die NATALEE-Studie die Einnahme von Ribociclib auch bei Patientinnen mit erhöhtem Risiko ohne Lymphknotenbefall.

Abemaciclib kombinierbar mit Tamoxifen: Anders als Ribociclib kann Abemaciclib zusammen mit Tamoxifen eingenommen werden. In der MonarchE-Studie nahmen ca. ein Drittel der Frauen Abemaciclib gleichzeitig zu Tamoxifen ein. Ribociclib hingegen sollte aufgrund von QT-Verlängerungen nicht mit Tamoxifen kombiniert werden.

Bisher kein direkter Vergleich: Wann Patientinnen mit frühem Brustkrebs mehr von Ribociclib und wann sie mehr von Abemaciclib profitieren, lässt sich im Moment noch nicht sagen. Einen direkten Vergleich der beiden CDK4/6-Hemmer gibt es noch nicht.

Fazit

Den CDK4/6-Hemmer Abemaciclib können Ärztinnen und Ärzte zusätzlich zur adjuvanten Antihormontherapie einsetzen, bei Patientinnen mit hormonsensiblem Brustkrebs, Lymphknotenbefall und hohem Rückfallrisiko. 

Nun zeigte die NATALEE-Studie, dass auch adjuvantes Ribociclib Rückfälle beim frühen Hormonrezeptor-positiven Brustkrebs verhindern kann. Weitere Auswertungen mit längerer Nachbeobachtungszeit sind abzuwarten, unter anderem für das Gesamtüberleben. Dann kann besser abgeschätzt werden, wie stark Patientinnen mit niedrigerem Risiko, beispielsweise ohne Lymphknotenbefall oder im Stadium IIA, von Ribociclib profitieren10

Die FDA hat im September 2024 Ribociclib bei frühem Brustkrebs zugelassen, in Europa steht die Zulassung allerdings noch aus11.

Zum Weiterlesen: Verwendete Quellen und vertiefende Informationen

1Empfehlungen gynäkologische Onkologie, Kommission Mamma. Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO); 2024.

2Rastogi P, O'Shaughnessy J, Martin M, Boyle F, Cortes J, Rugo HS, Goetz MP, Hamilton EP, Huang CS, Senkus E, et al. Adjuvant Abemaciclib Plus Endocrine Therapy for Hormone Receptor-Positive, Human Epidermal Growth Factor Receptor 2-Negative, High-Risk Early Breast Cancer: Results From a Preplanned monarchE Overall Survival Interim Analysis, Including 5-Year Efficacy Outcomes. J Clin Oncol. 2024;42(9):987-93. doi:10.1200/jco.23.01994.

3Loibl S, Marmé F, Martin M, Untch M, Bonnefoi H, Kim SB, Bear H, McCarthy N, Melé Olivé M, Gelmon K et al. Palbociclib for Residual High-Risk Invasive HR-Positive and HER2-Negative Early Breast Cancer-The Penelope-B Trial. J Clin Oncol. 2021;39(14):1518-30. doi:10.1200/jco.20.03639.

4Gnant M, Dueck AC, Frantal S, Martin M, Burstein HJ, Greil R, Fox P, Wolff AC, Chan A, Winer EP et al. Adjuvant Palbociclib for Early Breast Cancer: The PALLAS Trial Results (ABCSG-42/AFT-05/BIG-14-03). J Clin Oncol. 2022;40(3):282-93. doi:10.1200/jco.21.02554.

5Slamon D, Lipatov O, Nowecki Z, McAndrew N, Kukielka-Budny B, Stroyakovskiy D, Yardley DA, Huang CS, Fasching PA, Crown J et al. Ribociclib plus Endocrine Therapy in Early Breast Cancer. N Engl J Med. 2024;390(12):1080-91. doi:10.1056/NEJMoa2305488.

6 Yardley DA, Untch M, Barrios Sr. CH, Bardia A, Kalinsky K, Im SA, Chia SKL, Ring AE, McAndrew NP, Valero V et al. Baseline (BL) characteristics and efficacy endpoints for patients (pts) with node-negative (N0) HR+/HER2− early breast cancer (EBC): NATALEE trial. J Clin Oncol 2024; 42(16_suppl), doi: 10.1200/JCO.2024.42.16_suppl.5.

7Cardoso F, Jacot W, Küemmel S, Gupta S, Balaraman R, Lebedeva L, Ji Y, Lakshmanan A, Amin K, Li Z et al. Primary efficacy and safety results from the AMALEE trial evaluating 600 mg vs 400 mg starting doses of first-line ribociclib in patients with HR+/HER2− advanced breast cancer. Cancer Res. 2023;83. doi: 10.1158/1538-7445.SABCS22-PD17-12.

8Burris HA, Chan A, Bardia A, Thaddeus Beck J, Sohn J, Neven P, Tripathy D, Im SA, Chia S, Esteva FJ et al. Safety and impact of dose reductions on efficacy in the randomised MONALEESA-2, -3 and -7 trials in hormone receptor-positive, HER2-negative advanced breast cancer. Br J Cancer. 2021;125(5):679-86. doi: 10.1038/s41416-021-01415-9.

9Bambey C, Smetanay K, Fremd C, Thewes V, Schneeweiss A, Michel L. Hepatotoxicity in patients undergoing systemic treatment with Ribociclib. Senologie 2024; 21(02): 2-2. doi: 10.1055/s-0044-1786071.

10Morrison L, Loibl S, Turner NC. The CDK4/6 inhibitor revolution - a game-changing era for breast cancer treatment. Nat Rev Clin Oncol. 2024;21(2):89-105. doi:10.1038/s41571-023-00840-4.

11Loibl S, André F, Bachelot T, Barrios CH, Bergh J, Burstein HJ, Cardoso MJ, Carey LA, Dawood S, Del Mastro L et al. Early breast cancer: ESMO Clinical Practice Guideline for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol. 2024;35(2):159-82. doi:10.1016/j.annonc.2023.11.016.

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