Sojaisoflavone sind Phytoöstrogene
Sojabohnen sind reich an Isoflavonen. Isoflavone haben eine ähnliche Struktur wie 17-β-Östradiol und zählen zu den sogenannten Phytoöstrogenen: Wie körpereigenes Östrogen binden sie an Östrogenrezeptoren, wenn auch mit einer etwas geringeren Affinität. Phytoöstrogene können an Östrogenrezeptoren sowohl östrogenartige als auch antiöstrogene Wirkungen entfalten.
Konsum von Isoflavonen: Im Gegensatz zu Ländern in Südostasien ist Soja in Europa meist kein Hauptbestandteil der Ernährung. Nahrungsergänzungsmittel mit Sojaextrakten können jedoch hohe Konzentrationen isolierter Sojaisoflavone enthalten. Sie werden zum Beispiel zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden angeboten und beworben. Auch Frauen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, nehmen häufig größere Mengen an Sojaprodukten zu sich.
Sojaisoflavone und Rezidivrisiko
Wegen der östrogenähnlichen Wirkungen wird diskutiert, ob Sojaisoflavone das Rückfallrisiko von Brustkrebspatientinnen erhöhen könnten.
Aktuelle Datenlage: Die Ergebnisse vorklinischer Studien sind uneinheitlich: Bei Zelllinien und Versuchstieren wurden sowohl krebsfördernde als auch krebshemmende Effekte von Sojaisoflavonen beschrieben. Es ist jedoch fraglich, ob sich diese experimentellen Daten auf den Menschen übertragen lassen. Epidemiologische Studien weisen bisher nicht darauf hin, dass der Konsum von Sojaisoflavonen die Prognose von Brustkrebspatientinnen verschlechtert. Es gibt im Gegenteil sogar Hinweise darauf, dass ein erhöhter Sojakonsum das Rezidivrisiko bei Brustkrebs und die Gesamtsterblichkeit nach einer Brustkrebserkrankung senken könnte. Erkenntnisse aus hochwertigen klinischen Studien fehlen aber bislang.
Moderater Sojakonsum bei Brustkrebs unbedenklich
Isoflavongehalt sojahaltiger Lebensmittel
(pro 100g, Werte gerundet, Quelle: U.S. Department of Agriculture)
- Sojabohnen (reif, roh): 104 mg
- Sojabohnen (unreif, roh)/Edamame: 49 mg
- Sojasprossen (reif, roh): 34,4 mg
- Sojaprotein-Isolat: 91,1 mg
- Sojajoghurt: 33,2 mg
- Sojamilch: 10,7 mg
- Sojamehl (vollfett, roh): 178,1 mg
- Tempeh: 60,6 mg
- Tofu (fest, gekocht): 22,1 mg
Nationale und internationaler Fachgesellschaften sprechen sich aktuell weder gegen den Verzehr von Soja bei Brustkrebs aus, noch raten sie Patientinnen dazu, ihren Sojakonsum zu erhöhen. Die Aufnahme von ein bis zwei Portionen sojahaltiger Nahrungsmittel pro Tag (Isoflavongehalt ca. 25 – 50 mg) gilt auch für Brustkrebspatientinnen und Brustkrebsüberlebende als unbedenklich. Eine Portion entspricht etwa 100 g Tofu oder 250 ml Sojamilch. Auch eine antihormonelle Therapie mit Tamoxifen oder Aromataseinhibitoren spricht nicht gegen den moderaten Verzehr von Soja.
Warnung vor Nahrungsergänzungsmitteln: Da Daten aus hochwertigen Studien fehlen, kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass Sojaisoflavone in größeren Mengen doch das Rezidivrisiko bei Brustkrebs steigern. Insbesondere Frauen mit oder nach einer hormonabhängigen Brustkrebserkrankung rät das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) daher von Nahrungsergänzungsmitteln mit isolierten Isoflavonen explizit ab. Die Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie e.V. (AGO) rät allgemein dazu, die Aufnahme von Isoflavonen auf maximal 100 mg pro Tag zu beschränken.
Empfehlungen für gesunde Frauen
Auch für gesunde Frauen gilt: In Maßen können sojahaltige Lebensmittel zu einer gesunden Ernährung beitragen. Anders als bei Brustkrebspatientinnen rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gesunden Frauen nicht grundsätzlich von Nahrungsergänzungsmitteln auf Sojabasis ab. Falls gesunde Frauen nach der Menopause sojahaltige Präparate einnehmen wollen, rät das BfR dazu, eine Dosierung von 100 mg Isoflavonen pro Tag und eine Anwendungsdauer von 10 Monaten nicht zu überschreiten. Für eine Einnahme außerhalb dieser Orientierungswerte liegen laut BfR keine ausreichenden Daten für eine Risikobewertung vor.
Möglicher Schutz vor Brustkrebs: Epidemiologische Studien geben Hinweise darauf, dass ein erhöhter Sojakonsum das Brustkrebsrisiko gesunder Frauen senken könnte. Die meisten Studien, die einen positiven Einfluss von Soja auf das Brustkrebsrisiko zeigen, stammen allerdings aus dem asiatischen Raum und es ist unklar, inwieweit sich die Ergebnisse auf Frauen in Deutschland übertragen lassen. Hochwertige klinische Studien fehlen. Ob eine sojareiche Ernährung gesunde Frauen vor Brustkrebs schützt, kann nach Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie e.V. (AGO) derzeit nicht abschließend beurteilt werden.
Zum Weiterlesen: Verwendete Quellen und vertiefende Informationen
Stellungnahmen von Behörden und Institutionen
American Institute for Cancer Research (AICR). Soy: Intake does not increase risk for breast cancer survivors. Stand 08.04.2021. (abgerufen am 14.01.2025).
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Sojahaltige Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel: Gesundheitliche Aspekte. Aktualisierte Mitteilung Nr. 36/2023 vom 02.08.2023. (abgerufen am 14.01.2025).
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten Isoflavonen: Bei Einnahme in und nach den Wechseljahren Orientierungswerte für Dosierung und Anwendungsdauer einhalten. Mitteilung Nr. 043/2015 vom 16.11.2015. (abgerufen am 14.01.2025).
U.S. Department of Agriculture (USDA). Bhagwat S und Haytowitz DB. USDA Database for the Isoflavone Content of Selected Foods, Release 2.1 (November 2015). Nutrient Data Laboratory, Beltsville Human Nutrition Research Center, ARS, USDA. Dataset. doi: 10.15482/USDA.ADC/1324538.
Leitlinien und Empfehlungen von Fachgesellschaften
Empfehlungen der Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO), Version 2024.1. (abgerufen am: 14.01.2025).
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Version 4.4, 2021 AWMF Registernummer: 032-045OL. (abgerufen am: 14.01.2025).
World Cancer Research Fund International (WCRF). Diet, nutrition, physical activity and body weight for people living with and beyond breast cancer. The latest evidence, our guidance for patients, carers and health professionals, and recommendations for future research. 2024. (abgerufen am: 14.01.2025).
Übersichtsarbeiten und Fachveröffentlichungen
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Weitere Quellen (Auswahl)
Patientenratgeber zu den Empfehlungen der Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO) Kommission Mamma 2024. (abgerufen am: 14.01.2025).