Unsere Antwort
Die von Ihnen beschriebene Scheidentrockenheit ist eine bekannte Nebenwirkung der Antihormontherapie bei Brustkrebs.
Wir möchten Ihnen zunächst mitgeben, dass Sie mit diesen Beschwerden nicht allein sind. Betroffenen Frauen kann es aber schwerfallen, offen darüber zu reden.
Wir möchten Sie ermutigen, diese Probleme direkt bei Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem Arzt anzusprechen. Nur so kann sie oder er eine geeignete Behandlung finden, die Ihre Lebensqualität verbessert. Dabei berücksichtigen Ärztinnen und Ärzte auch Ihre individuelle Erkrankungssituation.
Sie fragen nun konkret, ob eine Behandlung mit Östrogen-haltigen Medikamenten bei Ihnen mit hormonabhängiger Brustkrebserkrankung möglich ist, um Ihre Beschwerden in der Scheide zu lindern.
Wichtig zu wissen ist:
- Nach der Einschätzung von Fachleuten, kann eine sogenannte Hormonersatztherapie in manchen Situationen auch für Frauen mit hormonsensiblem Brustkrebs infrage kommen – allerdings nur, wenn die Wirkung der Hormone auf den betroffenen Körperbereich und einen gewissen Zeitraum beschränkt wird.
- Meist versuchen Ärztinnen und Ärzte jedoch zunächst die Beschwerden im Scheidenbereich ihrer Patientinnen mit hormonfreien Cremes und Salben zu lindern. Diese Produkte können Betroffene auch während einer Hormonbehandlung ergänzend einsetzen. Frauenärztinnen und -ärzte können Sie zu geeigneten Produkten beraten.
- Auch psychische Unterstützung kann bei der Behandlung helfen. Sie kann Sie seelisch entlasten, wenn sich die Beschwerden auf Ihr Privatleben auswirken. Dafür gibt es eine Reihe an Möglichkeiten: Gruppentherapie, Sexualberatung, Eheberatung oder Psychotherapie.
Im Folgenden haben wir Hintergrundinformationen zu unserer Antwort und weitere Tipps für Sie zusammengestellt.
Antihormontherapie: Warum kann sie zu Scheidentrockenheit führen?
Wichtig zu wissen
Ob und wie stark Brustkrebspatientinnen unter einer Antihormontherapie von einer vulvo-vaginalen Atrophie betroffen sind, ist individuell unterschiedlich.
Das liegt daran, dass eine Antihormontherapie bei Frauen die Bildung oder Wirkung ihrer körpereigenen weiblichen Hormone hemmt. Östrogene haben jedoch wichtige Funktionen im Körper, unter anderem für die Scheide (Vagina), die äußeren Geschlechtsorgane (Vulva), sowie die Harnröhre und die Harnblase der Frau. Hält der Östrogenmangel des Körpers länger an, kann es daher zu körperlichen Beschwerden durch den Abbau der Schleimhaut von Vagina und Vulva kommen.
Mögliche Symptome:
- Trockenheitsgefühl;
- Juckreiz oder Brennen der Scheide und des Schambereiches;
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, sowie vermehrt auftretende Harnwegsinfektionen.
Fachleute bezeichnen diese Veränderungen im Bereich der Vagina und Vulva als "vulvo-vaginale Atrophie".
Hormonersatztherapie: Cremes und Zäpfchen statt Pillen
Wichtig zu wissen
Eine örtlich angewandte Hormonersatztherapie können betroffene Frauen mit zusätzlichen hormonfreien Produkten kombinieren, um Beschwerden ihrer vulvo-vaginalen Atrophie zu lindern.
Auch Frauen mit hormonrezeptor-positiven Brustkrebs können während oder nach ihrer Antihormontherapie eine Hormonersatztherapie erhalten. Nach Einschätzung von Fachleuten sollte diese aber nicht in Form von Östrogen- oder Östradiol-haltigen Tabletten erfolgen.
Der Grund: Gelangen die Hormone über den Mund in den Körper, können sie im gesamten Körper wirken. Dadurch erhöht sich das Risiko für einen Rückfall der Brustkrebserkrankung.
Die Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) lautet daher: In manchen Situationen ist eine örtlich angewandte Hormonersatztherapie als „Kur“ möglich. Sie erfolgt mit einer schwächer wirkenden Form von Östrogen, dem Östriol, in Form von Salben oder Zäpfchen. Betroffene Frauen sollen dabei 0,03 Milligramm des Wirkstoffes für 4 Wochen täglich, danach für 8 Wochen 3 Mal wöchentlich erhalten.
Ziel der vaginalen Hormonersatztherapie: Wirken die Hormone direkt auf die verletzte oder abgebaute Vulva- und Vaginalschleimhaut, kann sie sich langsam wiederaufbauen. Auch die Durchblutung und Flora der Scheide kann sich verbessern.
Von einer zeitlich und örtlich begrenzten Anwendung des Östriols erhoffen sich die behandelnden Ärztinnen und Ärzte, dass es nicht im gesamten Körper wirkt. Dadurch verringert sich das Risiko für einen Rückfall der Erkrankung im Vergleich zur Einnahme der Hormone in Tablettenform deutlich.
Ob die örtliche Hormonersatztherapie als Behandlung für Sie in Frage kommt, können Sie im ärztlichen Gespräch abklären.
Pflanzliche Mittel mit hormonähnlicher Wirkung
Es gibt komplementäre Medikamente, die hormonähnliche Wirkung haben können. Dazu gehören zum Beispiel Präparate mit Soja. Diese können nach Einschätzung von Fachleuten der AGO zur Behandlung von vaginaler Atrophie bei Brustkrebs in einzelnen Situationen eingesetzt werden. Ob vaginale Sojaprodukte oder andere komplementäre Medikamente mit hormonähnlicher Wirkung in Frage kommen, können Betroffene im ärztlichen Gespräch abklären.
Hormonfreie Feuchtigkeitscremes
Wichtig zu wissen
Mineralöle, wie Vaseline oder Melkfett sind nicht für den Intimbereich geeignet.
Um eine vulvo-vaginale Atrophie bei Frauen mit oder nach hormonabhängigem Brustkrebs hormonfrei zu behandeln, gibt eine Reihe an Cremes und Salben für den Intimbereich. Auch Frauen unter lokaler Hormonersatztherapie können diese Produkte ergänzend verwenden, um ihre Beschwerden zu lindern:
- Pflanzliche Gele mit Aloe oder Hyaluronsäure können der inneren Scheidenhaut Feuchtigkeit und säurehaltige Pflege spenden. Das lindert Beschwerden, wie Juckreiz oder Brennen der Scheide und macht sie weniger anfällig für Harnwegsinfektionen.
- Auch fetthaltige Cremes oder Öle können die verletzte oder empfindliche Haut am Scheideneingang schützen.
- Zu der Wirksamkeit und Sicherheit einzelner Produkte können Frauenärztinnen und -ärzte beraten.
Führt die Scheidentrockenheit zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, können Betroffene auf wasserlösliche, unparfümierte, farblose Gleitgels oder -öle zurückgreifen. Diese Produkte sind unbedenklich und rezeptfrei in der Apotheke oder Drogerie erhältlich.
Gibt es weitere Medikamente?
Es gibt zum Beispiel Vaginalzäpfchen mit Vitamin D oder Vitamin E oder Vaginalcremes mit dem schmerzhemmenden Wirkstoff Lidocain. Bisherige wissenschaftliche Studien reichen nicht aus, um mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit Medikamenten der Antihormontherapie einzuschätzen. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es zu ihrer Anwendung keine Fachempfehlung.
Scheidentrockenheit selbst vorbeugen
Es gibt ein paar weitere, allgemeine Tipps, die Brustkrebspatientinnen in ihrer Lebensführung beachten können, um vaginaler Atrophie vorzubeugen. Sie können dabei helfen, die Durchblutung der Scheide und ein natürliches Scheidenmilieu zu fördern:
- auf Rauchen verzichten;
- sexuelle Aktivität beibehalten – Schmerzen aber vermeiden, etwa mit Hilfe von Gleitgel;
- Beckenbodentraining;
- Wasser und/oder rückfettende, pH-neutrale oder saure Intimwaschlotion ohne zusätzliche Parfüme zur Intimreinigung;
- auf synthetische Wäsche, Slipeinlagen und Nylonstrümpfe verzichten – stattdessen locker sitzende Unterwäsche aus Baumwolle oder Seide wählen;
- auf Weichspüler verzichten.
Zum Weiterlesen
Beschwerden, die typisch für die Wechseljahre sind, sind nicht nur mögliche Folgen einer Antihormontherapie, sondern auch einer Chemo oder Bestrahlung des Unterleibs. Bei welchen Symptomen eine Hormonersatztherapie zur Linderung möglich ist und welche nicht-hormonellen Alternativen es gibt, finden Sie unter Hitzewallungen & Co: Wechseljahresbeschwerden bei Krebs.
Mehr zu Krebstherapiebedingten Nebenwirkungen, welche die weibliche Sexualität betreffen, erfahren Sie in unserem Ratgeber Weibliche Sexualität und Krebs. Hier finden Sie ausführlichere Informationen zu den häufigsten Problemen, unter anderem zu Vaginalproblemen (Seite 40).
Die Empfehlungen zur lokalen Hormontherapie bei hormonsensiblem Brustkrebs finden sie auf der Webseite der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO).
*Hinweis: Solche Fragen erreichen den Krebsinformationsdienst regelmäßig. Die verwendete Frage ist keine Original-Anfrage, sondern ein redaktionell bearbeitetes Beispiel.