Omega-3-Fettsäuren in vielen Lebensmitteln enthalten
Warum greifen viele Menschen überhaupt zu Kapseln mit Fischöl oder ähnlichen Produkten?
Sie enthalten ungesättigte Fettsäuren, sogenannte Omega-3-Fettsäuren. Glaubt man dem Internet, gelten diese nicht nur als "Herzschutz". Sie wirken angeblich auch gegen Augenleiden, Entzündungen, Depressionen und Demenz, beruhigen unruhige Kinder und verhelfen zu besserem Schlaf, und: sie sollen auch vor Krebs schützen.
Zwar liefern auch viele natürliche Lebensmittel solche ungesättigten Fettsäuren, die der menschliche Stoffwechsel nicht selbst produzieren kann. Doch wirklich hochkonzentriert sind Omega-3-Fettsäuren vor allem in Leinöl, einigen anderen pflanzlichen Ölen und fettem Meeresfisch enthalten – alles Lebensmittel, die nur bei wenigen Menschen in Deutschland täglich auf dem Speiseplan stehen.
Die Frage lautet trotzdem: Muss man deshalb zu Nahrungsergänzungsmittel mit Omega-3-Fettsäuren greifen?
Nahrungsergänzungsmittel bleiben umstritten
Trotz der vollmundigen Versprechungen aus der Werbung sollte man sich den Griff zur Fischöl-Kapsel sehr sorgfältig überlegen: Keine der angeblich gesundheitlich so positiven Auswirkungen ist tatsächlich wissenschaftlich einwandfrei belegt. Nahrungsergänzungsmittel sind zudem nicht mit geprüften Arzneimitteln zu verwechseln:
- Sie haben rein rechtlich keinen anderen Stellenwert als normale Lebensmittel und werden auch nicht wie Arzneimittel kontrolliert.
Die Empfehlung von Fachleuten und Behörden lautet deshalb: Bei ausgewogener Ernährung sind Nahrungsergänzungsmittel für die meisten Menschen überflüssig.
Hinzu kommt: Nur weil ihre Wirkung umstritten ist, müssen Nahrungsergänzungsmittel noch lange nicht harmlos sein, vor allem nicht für Krebspatienten. Auch wenn es sich meist um natürliche Inhaltsstoffe handelt, so ist oft gar nicht bekannt, was die isolierten Stoffe in "unnatürlich" hoher Konzentration im Körper bewirken.
Und schon gar nicht ist ausreichend untersucht, zu welchen Reaktionen es mit "echten" Arzneimitteln kommen kann. Für solche möglichen unerwünschten Wechselwirkungen bietet die aktuelle niederländische Studie nur ein weiteres von vielen Beispielen.
Was tatsächlich bei Krebspatienten während einer Chemotherapie durch die Einnahme hochkonzentrierter Omega-3-Fettsäuren passieren könnte, bleibt anhand der Daten zwar noch offen. Gegen ein mögliches Risiko muss jedoch auch der mangelnde Nutzen der Nahrungsergänzungsmittel abgewogen werden, so das Fazit der niederländischen Forscher.
Zum Weiterlesen
- Warum die allermeisten Nahrungsergänzungsmittel kein Plus für die Gesundheit sind, erläutert der gleichnamige Text.
- Fragen zum beantwortet der Krebsinformationsdienst außerdem am Telefon und per E-Mail.
Die zitierte Studie ist für Fachleute frei über das Internet zugänglich, in englischer Sprache: Voest EE et al. (2015): Increased Plasma Levels of Chemoresistance-Inducing Fatty Acid 16:4(n-3) After Consumption of Fish and Fish Oil. JAMA Oncology, online vor Print 2. April 2015, doi:10.1001/jamaoncol.2015.0388.