Angebote und Programme für individuelle Krebsprävention verbessern?
Die bekannten evidenzbasierten Maßnahmen, mit denen jeder einzelne sein individuelles Krebsrisiko reduzieren kann, bezeichnen Mediziner als Primärprävention. Sie verhindern, dass Krebs entsteht: Tabak und Alkohol meiden, körperlich aktiv sein, Gemüse dem roten Fleisch vorziehen, Impfungen wahrnehmen. Als Sekundärprävention gelten Vorsorgeuntersuchungen, die Krebsvorstufen in einem heilbaren Stadium aufspüren. Doch diese individuellen Initiativen reichen nicht aus, um die Prävention in die breite Bevölkerung zu tragen, führt Ernest Hawk vom MD Anderson Cancer Center in Houston in seinem Eröffnungsvortrag aus. Um insbesondere die benachteiligten Gruppen zu erreichen, müssen Politik und Bildungseinrichtungen unterstützende Angebote und Programme liefern.
Präventionsmöglichkeiten für Personengruppen mit erhöhtem Krebsrisiko
Liegt Krebs in der Familie, so sind spezielle Präventionsmaßnahmen erforderlich. Liegt gar eine Mutation der "Brustkrebsgene" BRCA 1 oder BRCA 2 vor, so ist der radikalste Weg, das persönliche Krebsrisiko zu reduzieren, die chirurgische Entfernung beider Brüste und der Eierstöcke. Dies ist für Frauen eine fast unzumutbare Entscheidung, erst recht, wenn das genetische Risiko möglicherweise gar nicht stark ausgeprägt ist. Judy Garber, Dana Faber Cancer Institute, Boston, stellt eine Vielzahl von Studien vor, die alternative Ansätze zur Reduktion des Brust- und Eierstockkrebsrisikos von Frauen mit genetischer Prädisposition prüfen. Dazu zählt der Einsatz von Impfungen oder verschiedenen Wirkstoffen gegen krebstreibende Genprodukte.
Viele Menschen tragen nicht in all ihren Körperzellen identisches Erbgut, sondern ihr Körper gleicht einem genetischen Mosaik. Dies entsteht, wenn in einem frühen Entwicklungsstadium eine der embryonalen Zellen einen Teil eines Chromosoms verliert. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass ein Gen-Mosaik mit erhöhten Krebsrisiken in Verbindung steht. Stephen Chanock, National Cancer Institute, Rockville, USA, erkannte, dass einige Mosaik-Typen Risikomarker für bestimmte Krebsarten darstellen. Damit konnte der US-Forscher Personengruppen mit einem bislang nicht bekannten erhöhten Krebsrisiko identifizieren, die eine besonders intensive Früherkennung wahrnehmen sollten.
Als Chemoprävention bezeichnen Forscher die Möglichkeit, die Krebsentstehung durch Medikamente und Wirkstoffe zu verhindern. So könnten Tamoxifen und Aromatase-Inhibitoren vor Brustkrebs schützen – haben aber teilweise schwerwiegende Nebenwirkungen. Deswegen ist sorgfältig abzuwägen, welche Frauen tatsächlich davon profitieren. Jack Cuzick, vom Wolfson Institute of Preventive Medicine in London, hat ein Entscheidungsmodell entwickelt, das anhand einer ausführlichen Familienanamnese Frauen mit sehr hohem Risiko identifiziert. Nun stellt er vor, wie die Einbeziehung von Brustdichte und genetischem Risikomarker-Profil die Aussagekraft der Berechnung weiter steigert.
Prävention nach der Diagnose: Verhindern, dass der Krebs zurückkehrt
Unter "tertiärer Prävention" verstehen Experten, das Fortschreiten einer Krebserkrankung zu verlangsamen und zu verhindern, dass der Tumor wiederkehrt. So hängt die Langzeitprognose bei Brustkrebs wesentlich vom molekularen Tumortyp ab, von seiner Größe und seinem Stadium bei der Erstdiagnose. Aber darüber hinaus spielen Faktoren, die jede Betroffene selbst in der Hand hat, eine wesentliche Rolle, ob der Krebs zurückkehrt. Jenny Chang Claude vom DKFZ wertete die Langzeitergebnisse der MARIE-Studie aus und stellte dabei fest: Auch der Lebensstil nach der Diagnose hat einen entscheidenden Einfluss auf die Brustkrebssterblichkeit.
Integriertes Modell für die Krebsprävention der Zukunft am Beispiel Darmkrebs
Zum Abschluss der Tagung entwickelt Hermann Brenner, ebenfalls DKFZ, am Beispiel Darmkrebs ein integriertes Modell für die Krebsprävention der Zukunft: Was ließe sich erreichen, würden alle Maßnahmen der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention, also Vorbeugung, Früherkennung und Rückfallprophylaxe, konsequent umgesetzt? Der Präventionsexperte setzt sich dafür ein, dass diese integrierte Strategie auch in die breite Gesundheits- und Patientenversorgung Eingang findet.
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