Besonderheit: Impfung unter Immuntherapie
Eine Immuntherapie wirkt anders auf das Immunsystem als herkömmliche Krebstherapien, etwa eine Chemo. Das müssen Ärztinnen und Ärzte auch beim Impfen berücksichtigen.
Bei einer Impfung unter einer herkömmlichen Krebsbehandlung haben die Ärzte vor allem im Blick, ob die Krebstherapie das patienteneigene Abwehrsystem unterdrückt (Immunsuppression): Hier steht deshalb die Sorge im Vordergrund, dass die Corona-Impfung möglicherweise nicht ausreichend wirksam ist, da das (geschwächte) Immunsystem keinen Schutz aufbauen kann.
Bei einer Impfung unter Checkpoint-Hemmern gelten sozusagen "umgekehrte Vorzeichen": Diese Medikamente bewirken, dass das körpereigene Abwehrsystem die Krebszellen (wieder) bekämpfen kann. Die Ärzte haben hier vor allem im Blick, ob eine Impfung während einer Checkpoint-Hemmer-Therapie eine verstärkte Immunreaktion auslöst. Es steht also die Frage im Raum, ob die Corona-Impfung zu verstärkten Nebenwirkungen durch "überschießende Immunreaktionen" führen könnte. Ob das der Fall ist, haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den letzten Monaten untersucht.
Das zeigen Daten aus ersten klinischen Studien und Erfahrungswerte von Experten
Aktuell spricht alles dafür, dass sich Krebspatientinnen und Krebspatienten während einer Therapie mit Immun-Checkpoint-Hemmern gegen SARS-CoV-2 impfen lassen können. Die meisten Betroffenen bauen durch die Impfung einen guten Immunschutz auf.
Die ursprüngliche Sorge vor schwereren Nebenwirkungen durch eine Corona-Impfung während einer Checkpoint-Hemmer-Therapie hat sich bisher nicht bestätigt. Das gilt für die üblichen Impfreaktionen wie Schmerzen an der Einstichstelle oder Erschöpfungsgefühle. Das gilt aber auch für immunvermittelte Nebenwirkungen, die während der Behandlung mit Checkpoint-Hemmern auftreten können. Beispiele sind Hautauschlag oder Entzündungsreaktionen im Körper.
Bei einer Kombinationstherapie ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten: Autorinnen einer kleinen klinischen Studie zur Corona-Impfung1 halten einen Abstand der Impfung von mindestens 72 Stunden vor beziehungsweise nach der Gabe von Checkpoint-Hemmern trotzdem für sinnvoll. Dies gilt insbesondere bei einer Impfung während einer Kombinationstherapie, beispielsweise mit den Checkpoint-Hemmern Nivolumab und Ipilimumab. Hier sollten Ärzte gemeinsam mit Betroffenen besonderes sorgfältig auf immunvermittelte Nebenwirkungen achten.
Die individuelle Situation zählt
Insgesamt gibt es immer noch zu wenige Daten aus klinischen Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit der Corona-Impfung während einer medikamentösen Krebstherapie. Deshalb fordern Fachleute, dies weiter wissenschaftlich zu untersuchen.
Umso wichtiger ist, dass Betroffene während einer Immuntherapie gemeinsam mit ihren behandelnden Ärzten auf Basis ihrer persönlichen Krankheitssituation entscheiden, wann für sie der beste Impfzeitpunkt ist.
Zum Weiterlesen
Alles Wissenswerte für Krebspatientinnen und Krebspatienten rund um die Corona-Pandemie ist in dem Text Corona und Krebs: Antworten auf häufige Fragen zusammengefasst.
Immuntherapien mit Immun-Checkpoint-Hemmern kommen inzwischen bei vielen Krebsarten zum Einsatz, beispielsweise bei schwarzem Hautkrebs (malignes Melanom), Lungenkrebs oder Nierenkrebs. Hintergründe finden Sie in den Texten:
- Immuntherapie gegen Krebs: Impfungen, Antikörper, neue Wirkstoffe
- zum Herunterladen und Ausdrucken: Immuntherapie gegen Krebs: Die körpereigene Abwehr nutzen (PDF)
Quellen für Interessierte und Fachkreise (Auswahl)
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO): Leitlinie für Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patienten mit Blut- und Krebserkrankungen (Stand: Februar 2022, abgerufen am 08.02.2022)
1Strobel SB, Machiraju D, Kälber KA, Hassel JC. Immune-related adverse events of COVID-19 vaccination in skin cancer patients receiving immune-checkpoint inhibitor treatment. Cancer Immunol Immunother. 2021 Dec 23:1–6. doi: 10.1007/s00262-021-03133-w.