Was Fachleuten sagen: Wann ist eine vorbeugende Mastektomie sinnvoll?
Wichtig zu wissen
Die Mastektomie einer gesunden Brust ist ein schwerwiegender operativer Eingriff. Um sich seiner Nachteile und/oder Risiken bewusst zu werden, sind die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die richtigen Ansprechpersonen. Sie können Frauen, die über eine prophylaktische Brustentfernung nachdenken, dazu aufklären.
Für die meisten Frauen ist nach einer Brustkrebserkrankung eine vorbeugende Mastektomie der anderen Brust nicht empfohlen. Denn eine Empfehlung von Fachleuten dazu gibt es nur in einzelnen Situationen, wenn bei der Untersuchung eine krebsfördernde genetische Veränderung nachweisbar war. Das ist aber sehr selten: Nur bei etwa 5 bis 10 von 100 Brustkrebspatientinnen liegt eine krebsfördernde Veränderung der Hochrisiko-Gene BRCA1 oder BRCA2 vor.
Der Grund für die Empfehlung: Brustkrebspatientinnen mit genetischer Vorbelastung haben ein deutlich erhöhtes Risiko, zu einem späteren Zeitpunkt in ihrem Leben wieder an Brustkrebs zu erkranken. Diesen Frauen empfehlen Fachleute daher eine vorbeugende Mastektomie. Dennoch handelt es sich um einen schwerwiegenden Eingriff an einem ansonsten gesunden Körperteil, welcher für die Betroffenen auch mögliche Risiken und Nachteile birgt.
Im Vergleich: Bislang gibt es wenig zuverlässige Studien, die Fachleuten ermöglichen, Aussagen über den möglichen Nutzen gegenüber den Risiken einer vorbeugenden Mastektomie bei Brustkrebspatientinnen ohne genetische Vorbelastung zu machen. Erste Studiendaten aus den USA deuten aber darauf hin, dass bei diesen betroffenen Frauen eine vorbeugende Entfernung der anderen Brust keinen Überlebensvorteil bringt.
Was ist mit den Kosten?
Die Krankenkassen übernehmen die Kosten einer vorbeugenden Mastektomie nicht, wenn Frauen keine genetische Vorbelastung haben. Liegt bei Frauen dagegen eine nachgewiesene Veränderung in den Brustkrebs-Genen BRCA1 oder BCRA2 vor? Dann tragen die Krankenkasse in der Regel die Kosten dieses Eingriffes aufgrund des deutlich erhöhten Brustkrebsrisikos der betroffenen Frauen.
Keine vorbeugende Mastektomie: Auch die andere Brust ist Teil der Nachsorge
Zum Weiterlesen
Was können Patientinnen selbst tun, um ihr persönliches Risiko einer erneuten Brustkrebserkrankung zu senken? Zur allgemeinen Vorbeugung von Brustkrebs empfehlen Fachleute unter anderem, sich ausgewogen zu ernähren und ein gesundes Körpergewicht anzustreben. Mehr dazu im Text Brustkrebs: Risiken und Vorbeugung.
Aber ist nicht das Risiko für Brustkrebs in der noch gesunden Brust auch wegen der ersten Brustkrebserkrankung erhöht? Die Antwort lautet prinzipiell "ja": Auch Frauen ohne genetische Vorbelastung, aber mit vorherigem Brustkrebs, entwickeln mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einen weiteren Tumor in der Brust auf der anderen Seite – verglichen mit Frauen ohne vorherigen Brustkrebs in einem ähnlichen Alter und mit ähnlichen Risikofaktoren. Das Risiko ist jedoch im Vergleich zu Brustkrebspatientinnen mit einer nachgewiesenen erblichen Vorbelastung deutlich geringer.
Wichtig ist die regelmäßige Nachsorge der anderen Brust: Um das erhöhte Brustkrebsrisiko aufgrund der vorherigen Brustkrebs-Erkrankung zu berücksichtigen, gibt es nach einer ersten abgeschlossenen Brustkrebstherapie für betroffene Frauen eine umfangreiche Nachsorge. Diese erstreckt sich über bis zu 10 Jahre.
Zur Nachsorge gehören auch regelmäßige Untersuchungen der noch vorhandenen, gesunden Brust. Ziel dieser Untersuchungen ist es, wenn es bei den betroffenen Frauen zu einem weiteren Tumor in der noch vorhandenen Brust kommen sollte, diesen möglichst frühzeitig zu erkennen. So lässt sich Brustkrebs deutlich schonender und wirksamer behandeln. Das steigert die Überlebenschancen der Betroffenen – eine Heilung ist für sie möglich.
Sorgen und Ängste in der Nachsorge ansprechen
Verständlicherweise kann es psychisch belastend sein, wenn sich betroffene Frauen darum sorgen, dass es zu einer erneuten Krebserkrankung in der verbliebenden Brust kommen könnte. Brustkrebspatientinnen sollten ihre Ängste in der Nachsorge ansprechen. Im Gespräch mit den behandelnden Ärztinnen oder Ärzten können Betroffene sich zu ihrem persönlichen Risiko für eine erneute Erkrankung informieren. Das kann dazu beitragen, dass mögliche Befürchtungen bei den Betroffenen abnehmen.
Psychologische Unterstützung: Eine Brustkrebserkrankung bringt viele Herausforderungen für Betroffene mit sich. Hilfe und Unterstützung bei anhaltenden Sorgen und Ängsten bieten Krebsberatungsstellen oder spezialisierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.
Zum Weiterlesen
Über die Vor- und Nachteile einer Mastektomie der erkrankten Brust informieren wir Sie unter Operation bei Brustkrebs.
Wie die Nachsorge bei einer Brustkrebserkrankung aussieht, erfahren Sie unter Nachsorge bei Brustkrebs.
Welche Faktoren das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, beeinflussen, lesen Sie unter den Risikofaktoren von Brustkrebs.
Weitere Informationen zu erblichem Brust- und Eierstockkrebs finden Sie unter Erblicher Krebs.
Quellen und Links (Auswahl)
Die Fachempfehlung zur vorbeugenden Mastektomie können Sie bei der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologie Onkologie (AGO) einsehen.
Giannakeas V, Lim DW, Narod SA. Bilateral Mastectomy and Breast Cancer Mortality. JAMA Oncol. 2024 Sep 1;10(9):1228-1236. doi: 10.1001/jamaoncol.2024.2212. PMID: 39052262; PMCID: PMC11273285.
Kurian AW, Lichtensztajn DY, Keegan TH, Nelson DO, Clarke CA, Gomez SL. Use of and mortality after bilateral mastectomy compared with other surgical treatments for breast cancer in California, 1998-2011. JAMA. 2014 Sep 3;312(9):902-14. doi: 10.1001/jama.2014.10707. PMID: 25182099; PMCID: PMC5747359.