Tests zeigen an, ob die Therapie gut verläuft
Ob die Liquid Biopsy genauso sensitiv und zuverlässig wie eine Gewebeprobe ist und die gewonnenen klinischen Informationen ebenso aussagekräftig sind, wollte die Forschergruppe nun herausfinden. In Zusammenarbeit mit Kollegen von der Thoraxklinik Heidelberg untersuchten die Wissenschaftler vom DKFZ 16 Lungenkrebspatienten, deren Tumoren alle bestimmte Mutationen aufwiesen und die mit einem Tyrosinkinasehemmer (TKI) behandelt wurden. Bis zu zwei Jahre lang sammelten die Wissenschaftler von jedem Patienten regelmäßig Blutplasmaproben, aus denen sie anschließend die DNA isolierten. Mit digitalen PCR-Tests suchten sie nach mutierter cfDNA und verglichen die Zahl der nachgewiesenen Mutationen mit den klinischen Daten der Patienten zu den verschiedenen Zeitpunkten.
„Wir wollten testen, ob es überhaupt möglich ist, Mutationsveränderungen im (Blut-)Plasma im zeitlichen Verlauf zu identifizieren, und ob wir diese mit klinischen Parametern in Beziehung setzen können", so Holger Sültmann. Die Datenanalyse erbrachte drei interessante Beobachtungen.
Erstens veränderte sich die Zahl der Mutationen bei den Patienten übereinstimmend mit dem klinischen Verlauf der Erkrankung. So zeigte sich bei einem Patienten gleich zu Beginn der TKI-Therapie ein drastischer und unmittelbarer (innerhalb der ersten 26 Stunden) Anstieg der Menge mutierter cfDNA im Blutplasma, was auf eine Vielzahl abgestorbener Krebszellen hindeutet und damit auf ein gutes Therapieansprechen. Interessanterweise fiel dieser Spitzenwert kurz darauf wieder ab, was vermuten lässt, dass die TKI-Therapie in den ersten Behandlungstagen ihre größte Wirkung hat. „Das zeigt, dass wir zum Therapiebeginn besonders genau überwachen müssen", bemerkte Sültmann.
Zweitens beobachteten die Wissenschaftler, dass wenig oder gar keine cfDNA im Blutplasma nachzuweisen war, wenn die Krankheit längere Zeit unter Kontrolle war und der Tumor nicht wuchs. Und schließlich zeigte sich bei Patienten, deren Tumor zurückgekehrt war und die kurz darauf verstarben, in kurzen Zeitabschnitten ein rascher Anstieg der cfDNA-Konzentration. Teilweise war dieser Anstieg sogar schon vor dem Auftreten klinischer Anzeichen zu beobachten.
Lungenkrebs: Bisherige Ergebnisse erst von 16 Patienten - noch keine abschließende Bewertung möglich
Diese Ergebnisse zeigen, dass die Liquid Biopsy sensitiv genug ist, um Tumorveränderungen in Echtzeit nachzuweisen. Dabei hat sie gleichzeitig den Vorteil, dass sie weniger invasiv als eine Gewebeentnahme ist. Die so gewonnenen molekularen Daten könnten den Klinikern auch Informationen liefern, die es erlauben, frühzeitig über geeignete therapeutische Strategien zu entscheiden.
Da die Studie jedoch erst an 16 Patienten erfolgt ist, weist Holger Sültmann darauf hin, dass es noch zu früh für eine generelle Beurteilung der Liquid Biopsy ist: „Dies ist zunächst ein ‚Proof of Concept', mit der wir zeigen konnten, dass die neue Methode tatsächlich funktioniert. Wir werden jetzt systematisch cfDNA sammeln und messen, um zu erkunden, was die Liquid Biopsy unter diesen Umständen tatsächlich zu leisten vermag, und wie sie dabei helfen kann, das Fortschreiten von Lungenkrebs unter Therapie noch besser zu verstehen."
Zum Weiterlesen
Die vollständige Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums ist auch abrufbar unter www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2016/dkfz-pm-16-39-Liquid-Biopsy-Krebsspuren-im-Blut-spiegeln-Therapieerfolg.php.
Die Originalpublikation ist in englischer Sprache in einer Fachzeitschrift erschienen: Mutation analysis of circulating plasma DNA to determine response to EGFR tyrosine kinase inhibitor therapy of lung adenocarcinoma patients. Riediger AL, Dietz S, Schirmer U, Meister M, Heinzmann-Groth I, Schneider M, Muley T, Thomas M, Sültmann H. Sci Rep. 2016 Sep 19;6:33505. doi: 10.1038/srep33505.
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